
45 F-18 des US-Herstellers Boeing und 90 Eurofighter von Airbus – so lautet der kolportierte Wunschzettel aus dem CDU-geführten Bundesverteidigungsministerium. Damit zeichnen sich eine der teuersten Beschaffungsentscheidungen und ein verheerendes Signal für die Bemühungen um nukleare Abrüstung ab. Für die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Deutschland stationierten US-Atombomben sind bislang Tornado-Kampfjets der Bundeswehr als Trägersysteme vorgesehen. Sie sollen nun durch US-Modelle ersetzt werden.
Donald Trump gefällt das
Gefallen dürfte ein deutscher Einkauf bei Boeing US-Präsideent Donald Trump, der als großer Fan der F-18 gilt. Unverhohlen predigte er, dass Deutschland mehr 'Made in the USA' shoppen solle. Entscheidend beeinflusst wird die Tornado-Nachfolge aber anderweitig. Denn welches Flugzeug im Rahmen der nuklearen Teilhabe für die US-Atombomben zertifiziert wird, entscheiden die US-Verbündeten maßgeblich selbst.
Die Auftragsbücher der europäischen Rüstungsindustrie um Airbus sollen ebenfalls wieder gefüllt werden. Statt wie zunächst angedacht nur die 85 Tornados zu ersetzen, wird der Austausch der erst etwa fünfzehn Jahre alten 38 Eurofighter der ersten Generation gleich mitangegangen. Unter den bündnis- und industriepolitischen Vorgaben versucht die im Verteidigungsministerium erdachte Doppellösung einen schmerzhaften und teuren Spagat.
25 Milliarden für 135 Kampfflugzeuge
Betrachtet man vergangene Beschaffungen, könnte sich der Kaufpreis der 135 Kampfflugzeuge auf knapp 25 Milliarden Euro summieren. Doch jeder Autokäufer weiß, dass über die gesamte Haltedauer der Kaufpreis nur einen Teil der Gesamtrechnung ausmacht. Die tatsächlichen Kosten eines Kampfjets über die angestrebte 30-jährige Nutzung können durch Wartung, Treibstoff, Upgrades, etc. auf mindestens das Vierfache des Beschaffungspreises anwachsen. Allein die Betriebskosten für eine Flugstunde mit dem Eurofighter nähern sich 100.000 Euro. Insgesamt sind 540.000 Stunden Flugzeit mit den 90 Eurofightern möglich.
Durch die Presse ging der Vorschlag dann ausgerechnet zehn Jahre nach dem fraktionsübergreifenden Beschluss des Bundestages, der Schritte für eine Abkehr vom Konzept der nuklearen Teilhabe forderte. Selbst im transatlantischen Bündnis war man sich weitgehend einig. Geändert hat sich aber seit 2010 wenig. Weder die Rolle von Atomwaffen in der NATO-Strategie wurde zurückgefahren noch sub-strategisch abgerüstet. Im Gegenteil: Kurz nachdem sich 122 Staaten im Rahmen der UN auf ein umfassendes völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen geeinigt hatten, gab die NATO 2017 das Credo aus, dass sie ein nukleares Bündnis sein werde, solange es Atomwaffen gebe. Die sub-strategischen Atombomben wurden qualitativ weiterentwickelt und haben eine verbesserte Treffergenauigkeit und ein bunkerbrechendes Design bekommen.
Eine atomwaffenfreie Welt muss das Ziel bleiben
Die geplante Beschaffung atomwaffenfähiger US-Kampfflugzeuge und die anstehende Stationierung der modernisierten Atombomben stellen die weitreichendste (qualitative) nukleare Aufrüstung in Deutschland seit der Nachrüstung in Folge des NATO-Doppelbeschlusses dar.
Mit Ausnahme des fehlenden Engagements für den UN-Atomwaffenverbotsvertrag bekennt sich die Bundesregierung seit Jahren zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt und zeigt diplomatischen Einsatz im Bereich der nuklearen Abrüstung. Die bisherigen Bemühungen könnten jetzt durch eine falsche Weichenstellung bei der Tornado-Nachfolge konterkariert werden. Selbst viele Befürworter der nuklearen Teilhabe gestehen ihr nur noch einen symbolischen Wert für das transatlantische Bündnis zu. Eine Symbolpolitik mit derart hohen Kosten und zu Lasten der politischen Glaubwürdigkeit darf nicht fortgesetzt werden.
Was aber könnten die Alternativen sein? Die aktuelle Krise, in der z.B. Bundeswehr-Sanitätsflugzeuge dabei helfen, die Behandlung von Corona-Patienten sicherzustellen, zeigt uns, wie gelebte Solidarität im Bündnis aussehen kann. Wir brauchen eine umfassende politische und gesellschaftliche Debatte darüber, wie die Bundeswehraufgaben und der Zusammenhalt im NATO-Bündnis mit dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt zusammengebracht werden können. Eine vorschnelle Entscheidung bei der Tornado-Nachfolge, die das Ergebnis der Debatte für eine Generation vorwegnimmt, darf es nicht geben.