Podium zu R2G

Bundestagswahl 2017: So klappt der rot-rot-grüne Politikwechsel

Paul Starzmann28. November 2016
Die SPD wolle die Steuermehreinnahmen in Bildung, Forschung und in die digitale Infrastruktur investieren, erklärt Generalsekretärin Katarina Barley
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley steht hinter dem Gesetzentwurf ihres Parteikollegen Heiko Maas.
Ist Rot-Rot-Grün eine realistische Option für den Bund? Ja, sagen Spitzenvertreter von SPD, Linken und Grünen: Ein Mitte-Links-Bündnis könnte in Zukunft die große Koalition ablösen – aber nur wenn ganz bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass eine SPD-Spitzenpolitikerin bei einer Veranstaltung der Partei Die Linke auftritt – und dort für ihre Aussagen auch noch kräftigen Applaus erntet. Genau das jedoch ist am Wochenende der SPD-Generalsekretärin Katarina Barley gelungen: Am Samstag ist sie einer Einladung der Linkspartei zum Forum Demokratischer Sozialismus (fds) nach Leipzig gefolgt. Dort traf sie sich mit Dietmar Bartsch, dem Co-Vorsitzenden der Linken-Bundestagsfraktion, sowie Anton Hofreiter, Co-Chef der Grünen im Bundestag. Vor rund 250 Gästen diskutierten die drei eine Frage: Wie können SPD, Linke und Grüne im kommenden Jahr zusammen die große Koalition ablösen?

R2G: Damit es nicht kälter wird in Deutschland

Dass es langsam Zeit für einen Politikwechsel sei, daran ließ Katarina Barley keinen Zweifel. Die Chancen dafür stünden gar nicht schlecht, findet sie. So sei es alles andere als gesetzt, dass Angela Merkel im kommenden Jahr noch einmal Kanzlerin werde. Viele Bürger seien gegen ein „Weiter so“ und wollten nicht, „dass es kälter wird in dieser Gesellschaft“. Das kam gut an bei den versammelten Gästen – und zumindest an diesem Abend in Leipzig schien Rot-Rot-Grün (R2G) als Machtoption im Bund näher als je zuvor.

Für ein mögliches Mitte-Links-Bündnis gelte es, jetzt die Chance auf eine neue Politik zu nutzen, waren sich alle drei Politiker einig. Um dies zu verwirklichen, müsse den Bürgern im Vorfeld der Wahlen klargemacht werden, „dass hier etwas auf dem Spiel steht“, sagte Barley. Gemeint ist: Wenn sich Rechtspopulisten und manche Konservative durchsetzen, sind die offenen EU-Innengrenzen bald Geschichte – und damit möglicherweise auch der Frieden in Europa. Ganz ähnlich sieht das Dietmar Bartsch. Ohne die EU sei der „Frieden nicht mehr so naturgegeben“ wie es für viele den Anschein habe, sagte der Linken-Politiker. Diese Botschaft könne in Deutschland größere Resonanz entfalten als die meisten Detailfragen des politischen Alltags – und damit R2G im Wahlkampf nützen.

„Akzeptanz des Anderen“

Zunächst aber müssten sich SPD, Linke und Grüne erst einmal zusammenraufen, findet Dietmar Bartsch: „Voraussetzung ist die Akzeptanz des Anderen.“ Dies sage er auch „ausdrücklich an die Adresse meiner Partei“, so Bartsch – will heißen: der scharfe Anti-SPD-Kurs mancher Linkspartei-Mitglieder müsse ein Ende haben. Genauso sollten Grüne und Sozialdemokraten davon Abstand nehmen, die Linken zu dämonisieren. Katarina Barley stimmte dem zu. Politiker aller Couleur sollten darauf achten, die demokratische Debattenkultur zu pflegen und „respektvoll miteinander umgehen“ – anstatt sich in Plenardebatten verbal zu bekriegen.

Für den Grünen Anton Hofreiter stellt die aktuelle Bundespolitik eine „demokratische Blockade“ dar, die Rot-Rot-Grün durchbrechen könne. Entscheidend sei dafür ein wirklicher Politikwechsel: Weg vom europäischen Sparkurs, Besteuerung der Superreichen und eine neue Umweltpolitik wünscht sich Hofreiter von Rot-Rot-Grün. Er will den Bürgern klarmachen, dass sich in Deutschland einiges bewegen müsse, um Wohlstand und Frieden zu erhalten. Dafür müsse die Idee eines Politikwechsels „hegemonial“ werden in der Bundesrepublik – nur so habe Rot-Rot-Grün eine Chance, sagte Hofreiter. Das dies gelingen könne, steht für den Grünen-Politiker mit Blick auf die jüngere Geschichte außer Zweifel: Vor nicht allzu langer Zeit sei der Atomausstieg noch ein völliges Randthema gewesen – heute dagegen in der Bevölkerung breiter Konsens.

Keiner will den Lagerwahlkampf

Diese gesellschaftliche Verankerung wünscht sich Dietmar Bartsch auch für Rot-Rot-Grün. So müssten neben SPD, Linken und Grünen auch die Gewerkschaften mit ins Boot geholt werden, um den Politikwechsel zu ermöglichen, forderte er. Von einem Lagerwahlkampf aber hält keiner der drei Spitzenpolitiker etwas. Barley, Bartsch und Hofreiter erklärten einhellig: Jede Partei müsse für sich selbst um möglichst viele Stimmen kämpfen. In ihrem Ziel sind SPD, Linke und Grüne aber jetzt schon vereint: Alle drei wollen 2017 das Ende der großen Koalition.

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Kommentare

Bundestagswahl 2017

Das ist eine Alibi-Veranstaltung der SPD. Es wird so getan als hätte man ja
gewollt. Aber die Anderen hätten es schließlich verhindert. Weil diese, natürlich wie immer, zu viel wollen - von der SPD. Sigmar Gabriel will kein Rot-Rot-Grün. Hätte er das ernsthaft gewollt, hätte er Steinmeier nicht als Bundespräsidenten vorgeschlagen. Steinmeier ist Architekt der Agenda 2010/Hartz IV - des neoliberalen Verelendungsprogramms, das heute von der Kanzlerin der "Marktkonformen Demokratie" immer noch gelobt wird und von Köpfen wie Ottmar Schreiner, Rudolf Dreßler und Lafontaine zurecht zerlegt wurde! Steinmeier gehört zu den politischen Meuchlern von Kurt Beck von 2008. Beck hatte gewagt die Agenda 2010/Hartz IV etwas erträglicher zu machen.Todsünde in den Augen der Schröderianer! Alles schon vergessen? Mit welcher Umweltpolitik will Gabriel die Grünen locken? Wie oft hat er Barbara Hendricks Klimakonzept bis zur Unkenntlichkeit zerschossen - in Eintracht und Harmonie mit der CDU-Kanzlerin Merkel? Wo ist der politische Unterschied zwischen einem Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) und einem Ex-WM Philipp Rösler (FDP)? Gabriel sagt es nicht. Aber Merkel ist ihm "bilanziell" viel
wertvoller!

auf allen seiten offen

Also erstens finde ich, dass die Grünen viel mehr mit den Schwarzen liebäugeln, als die SPD wieder auf die Groko setzt. Ebenfalls sind Grüne total auf Krieg aus. Der linke Flügel konnte wenigstens sozial -und finanzpolitisch beim Parteitag punkten.
Kann schon sein, dass das Wahltaktik hier ist von der SPD, um dem "Einheitsbrei"-Vorwurf entgegen zu wirken...
Die Kritik an Gabriel ist auch berechtigt, aber er ist einfach ein Wendehals und so zynisch es klingt, traue ich ihm r2g eher zu als Schulz oder Scholz, solange er so Kanzler werden kann.
Scholz ist ideologisch neoliberal. Bringt also nichts.
Schulz ist ideologisch EU-zentralistisch. In Europa ist Schulz bei denen, die mit halbem Bein draussen sind, sehr unbeliebt. Ob links oder rechts. Die griechische Bevölkerung wird ihm für seine Bedrohungen, die er als Parlamentspräsident nicht so hätte äussern dürfen, niemals verzeihen. Die guten Werte in Deutschland kommen daher, weil er weit fern ist. Das wird sich ändern, sobald die AfD seine parteische Leitung des EU-Parlament medial platziert. Gibt es schon etliche Videos von. Schrecklich.
Letztendlich: Medien pushen Schulz und die wollen Groko.
Also Sigmar, rette Europa. R2G!

R2G

Es wäre ein gewaltiger Fortschritt, wenn sich die SPD dazu bekennen würde; denn Merkel und die CDU sind verbraucht und deren politische Vorhaben stehen im krassen Gegensatz zu den Grundsätzen der SPD.

Die SPD ihrerseits muss sich endlich wieder auf ihre Grundsätze besinnen und sich von der neoliberalen Politik der GroKo deutlich verabschieden, dazu gehören eine gerechte Steuerpolitik, Ende des sozialen Kahlschlags, Ende der Austerität gegenüber Griechenland, Portugal und Spanien, Abkehr von den konzernimperialistischen Freihandelsabkommen Ceta,TTIP und Tisa, Aufstockung des Mindestlohnes, schnelle und unbürokratische Aufstockung des sozialen Wohnungsbaus, Stärkere Hilfe für die Kommunen, nicht nur halbe, sondern generelle Distanzierung von Privatisierungen auf allen Ebenen einschließlich ÖPP's.

Nur so können weitere Wahlerfolge der Rechten verhindert und eine Rückkehr zu einer echt sozialdemokratischen Politik das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen!

Rechnung ohne den Wirt machen?

In der SPD gibt es heute den Seeheimer Kreis, dessen Vorgänger [Kanalarbeiter] wollten schon 1969 die damalige grosse Koalition fortsetzen, Brandt trickste sie aus. Heute ist die SPD eine Partei der Lassalleianer, nicht mehr der Sozialdemokraten.

In der Linken gibt es einige Opportunisten und Karrieristen, die sich gerne mit Regierungsämtern schmücken würden. Genau diese Leute waren auf dem Treffen vertreten.

Bei den Grünen gibt es einige, die an den Weihnachtsmann glauben, wie Anton Hofreiter. Ein beträchtlicher Teil der Grünen lugt aber für den Bundestag nach einer Koalition mit der CDU.

Ganz sicher wird im neuen Bundestag die AfD vertreten sein. Das wird durch manche Rechnung einen Strich machen.

Gelingt es der FDP unter Lindner, 2017 wieder in den Bundestag einzuziehen, entsteht eine noch verwickeltere Ausgangslage.

Unter den dann veränderten Bedingungen mag es nochmal eine Koalition von SPD und CDU/CSU geben, mit insgesamt kleinerem Umfang.

Die Ausgangslage 2013 sah so aus:
CDU/CSU, FDP und AfD ca. 22.300.000 Stimmen.
SPD, Grüne und Linke ca. 18.700.000 Stimmen.

Mit was will man die Bürger nach der Agenda 2010 und dem Migrationschaos von R2G überzeugen?

migrationschaos

Ganz einfach.
Man muss den Mumm haben aufzuzeigen, wer die verheerende Kriegspolitik der USA 100% teilt und das ist die CDU/CSU. Die Olivgrünen auch, darum liebäugeln die ja mit den Schwarzen, aber es waren nicht zuletzt Teile der SPD, die sich dem entgegengesetzt haben und zumindest versucht haben diplomatisch zu schlichten.
Das ist ja der Hauptgrund des Migrationschaos. Die Leute wissen tief innen schon, dass man die Konflikte lösen muss, damit keine Flüchtlinge entstehen. Setzt man dann zugleich eine Sozialpolitik auf die politische Karte, die dem Gefühl der Unfairbehandlung entgegentritt drauf, schon hat man die rationale und emotionale Angst durchbrochen.

Bundestagswahl 2017

Genosse Gabriel hat in der Rhein-Zeitung vom 03.12.2016 erklärt:
"Wir wollen eine große Koalition vermeiden". Und damit es 'in Deutschland nicht kälter wird' sagt er dort: "Auch wird sich die SPD niemals daran beteiligen, den finanziellen Ruin des Landes durch übertriebene Sozialstaatsversprechen der Linken herbeizuführen." Zu den Hartz IV Sanktionsregeln erklärt Gabriel: "Die Sanktionen schaffen Anreize zu arbeiten und gehören zu den wichtigsten Punkten der Sozialreformen. Ich bin dagegen, diesen heilsamen Druck zur Arbeitsaufnahme wieder komplett abzuschaffen und eine Rolle rückwärts in die alten Probleme zu machen." Margret Thatcher und die Kanzlerin der "Marktkonformen Demokratie" hätten das nicht besser sagen können! Verwertung der
Arbeitskraft zu jedem ungerechten Lohn und unter jeden unwürdigen Bedingungen.Das kommt einer totalitären Arbeitszwang-Philosophie bedenklich nahe und zeigt die undifferenzierte, verächtliche Beurteilung derer, die in Hartz IV geraten sind. Diese Denkweise hat nichts sozialdemokratisches! Gabriel ist offenkundig überfordert! Die Bedeutung des Demokratischen Sozialismus ist ihm fremd. Sein Denken ist klar neoliberal! Die Bosse sind entzückt!

Ich hätte es für zielführender

gehalten, 2013 statt der Groko, die CDU in eine Minderheitsregierung "zu schicken"und in einer starken Opposition die "Zuverlässigkeit" der Linken und der Günen für eine künftige Koalition auf die Probe zu stellen.
Dann wüßte WIR heute besser, woran wir mit diesen "Partnern" wären.
So entsteht aber eher der Eindruck einer "Notlösung". Was in Thüringen so einigermaßen zu funktionieren scheint,ist auch von den handelnden Personen bestimmt und die sind auf Bundesebene ganz andere. Nun mag der eine oder der andere einwerfen, hinterher ist man/frau immer schlauer. Das "zieht" bei mir gar nicht, ich habe diese Meinung schon beim Mitliederentscheid gehabt und auch geäußert. In sofern fühle ich mich eher bestätigt. 2017 RRG zu fordern , kann ich nur als "Lust am Untergang" empfinden.