
Mit 439 „Ja“-Stimmen hat der Deutsche Bundestag für ein erneutes Hilfspaket für Griechenland und gegen das Ausscheiden des Landes aus der Euro-Zone votiert. 119 Abgeordnete stimmten dagegen. Darunter waren 60 Abgeordnete der Union, fünf weitere enthielten sich. Insgesamt sollen sich 40 Abgeordnete der Abstimmung enthalten haben. Neben vier „Nein“-Stimmen gaben 14 Abgeordnete aus der SPD-Fraktion ihre Stimme erst gar nicht ab.
Aus Sicht der SPD hatte es bereits am Abend zuvor auf der Sondersitzung der Bundestagfraktion in Berlin zum Thema Griechenland eine Überraschung gegeben. Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück erklärte seine Ablehnung zu einem dritten Hilfspaket. Steinbrück soll von „Insolvenzverschleppung“ gesprochen und einen Grexit favorisiert haben, ähnlich wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Gabriel: Griechen nicht im Stich lassen
SPD-Chef Sigmar Gabriel warb dagegen leidenschaftlich für ein drittes Rettungspaket. In der unmittelbar vor der Abstimmung stattfindenden Bundestagsdebatte nannte er als zentrales Argument für neue Hilfen die Mitmenschlichkeit: „Wir können und dürfen die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen“, so Gabriel. In Europa dürfe es keinen Platz geben für hungernde Kinder und bettelnde Rentner. Der SPD-Chef betonte, bei den Verhandlungen in Brüssel sei es nicht nur um Griechenland gegangen, sondern auch um eine mögliche Spaltung der Eurozone. „Diese Spaltung hätte Europa in eine viel tiefere Krise geführt als nur in eine Finanzkrise.“
Gabriel warb in der Debatte um Ehrlichkeit. Dazu gehöre, ehrlich festzustellen: Der Bundestag habe zwei Rettungspakete beschlossen, die beide nicht geholfen hätten. Es helfe nichts, Athen nur Geld zu schicken. Vielmehr seien tiefgreifende Reformen notwendig. „Europa und Deutschland müssen sich dem Vorwurf gefallen lassen, dem alten System zu lange zugeschaut zu haben“, so Gabriel. „Wegschauen dürfen wir nicht.“
Die Bedingung für eine Rettung seien zwar hart, doch liege vor allem auch daran, dass die Regierung Tsipras vorübergehend aus den Verhandlungen ausgestiegen sei. Gabriel appellierte: „Wir sind ein starkes Land, setzen wir die Stärke ein, nicht nur für Griechenland, sondern für alle.“ Europa ändere sich, die Erfolgsgeschichte drehe sich, warnte der SPD-Chef. „Europafeindliche Kräfte sitzen in Regierungen – vielleicht ist Griechenland sogar die kleinste Aufgabe.“
Viele Abweichler in der Union
Bundesfinanzminister Schäuble versucht zur Zeit die Zahl der Abweichler in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion möglichst klein zu halten. Bei einer Probeabstimmung am Donnerstag Abend votierten 48 Abgeordnete gegen neue Hilfen für Athen und damit gegen den Kurs der eigenen Kanzlerin. Drei Abgeordnete enthielten sich.
Die Mehrheit der Deutschen ist laut ARD gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket. Das ARD-Morgenmagazin veröffentlichte eine aktuelle Umfrage, nach der 49 Prozent Verhandlungen ablehnen. Nur 46 Prozent der Befragten wollen, dass mit der griechischen Regierung über ein weiteres Hilfspaket verhandelt wird.
Einen Beitrag über die aktuelle Lage in Griechenland finden Sie hier.