Nachfolge von Hartz IV

Bundesrat stimmt gegen Bürgergeld: Wie es jetzt weitergeht

Kai Doering14. November 2022
Bundesarbeitsminister Heil im Bundesrat: Das Bürgergeld nicht zu einem endlos langen Verfahren machen
Bundesarbeitsminister Heil im Bundesrat: Das Bürgergeld nicht zu einem endlos langen Verfahren machen
Das Gesetz zum Bürgergeld hat im Bundesrat keine Mehrheit bekommen. Bundearbeitsminister Hubertus Heil kündigte an, nun den Vermittlungsausschuss anzurufen. So soll das Bürgergeld wie geplant am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Am Ende kam es wie von den meisten Beobachter*innen erwartet. Nachdem am Donnerstag der Bundestag das Gesetz zur Einführung des Bürgergelds noch mit den Stimmen der Ampel beschlossen hatte, hat es in einer Sondersitzung des Bundesrates am Montag nicht die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen erhalten. Für einen solchen Fall hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bereits angekündigt, „noch heute“ den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Gremium, besetzt aus Vertreter*innen von Bundestag und Bundesrat, soll nun zügig einen Kompromiss finden. „Meine Hand ist zur Lösung ausgestreckt“, kündigte Hubertus Heil an.

Heil: „Es geht um Schutz und um Chancen.“

In der Debatte vor der Abstimmung hatte der Arbeitsminister noch einmal die Ziele des Bürgergelds betont. „Es geht um Schutz und um Chancen“, sagte Heil. „Wir wollen Menschen in Not absichern und Menschen aus der Bedürftigkeit herausführen.“ In seiner Rede ging Heil auch auf die Argumente ein, die vor allem von Vertreter*innen von CDU und CSU gegen die Sozialstaatsreform ins Feld geführt wurden. „Wir haben nicht mehr die Situation von 2003 mit Massenarbeitslosigkeit“, betonte Heil. Heute stehe Deutschland stattdessen vor dem Problem, dass Fachkräfte fehlten. „Wenn zwei Drittel der Arbeitslosen ohne Ausbildung sind, hilft ihnen Qualifikation und nicht die Vermittlung in Hilfstätigkeit“, so Heil. Genau hier setze das Bürgergeld an.

Zuvor hatte bereits Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig für das Bürgergeld geworben. „Dieses Gesetz schafft Anreize für die Übernahme von Weiterqualifizierten“, sagte Schwesig. Das sei für die Menschen gut, die wieder in Arbeit kämen, „und für das ganze Thema Fachkräfte“. Auch die Ausweitung der Hinzuverdienstmöglichkeiten lobte Schwesig. Sie seien gerade für junge Menschen ein wichtiger Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen.

Die Zeit drängt

Gleichzeitig warnte die Ministerpräsidentin davor, in der Debatte Personengruppen gegeneinander auszuspielen. „Da ist in den letzten Tagen einiges durcheinandergeraten“, kritisierte Schwesig und rief dazu auf, „zu einer sachbezogenen Diskussion“ zurückzukehren. Das müsse umso mehr im bevorstehenden Vermittlungsausschuss gelten. „Über die einzelnen Punkte sollten wir sachlich und fair miteinander sprechen.“

Dass dabei die Zeit drängt, betonte schließlich Hubertus Heil. „Wir dürfen das nicht zu einem endlos langen Verfahren machen“, appellierte der Bundesarbeitsminister an die Länder. Der Vermittlungsausschuss könnte noch in der kommenden Woche tagen. Heil strebt eine Einigung spätestens in der kommenden Woche an. Soll das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2023 in Kraft treten, müsste der Bundesrat dem ausgehandelten Kompromiss in seiner Sitzung am 25. November zustimmen. „Kompromiss ist in der Demokratie kein Schimpfwort“, betonte Heil.

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Kommentare

Unionsblockade

Bekanntlich hatte die Union etliche Fehlinformationen über das Bürgergeld in die Öffentlichkeit gestreut, wobei natürlich einige Medien eher geneigt waren, diese Fehlinformationen zu veröffentlichen als die korrekten Inhalte des Gesetzentwurfes.

Damit offenbart sie stets aufs Neue ihre unchristliche Haltung. Und leider fallen immer wieder Leute auf diese Falschmeldungen herein, weil sie Leuten wie Söder und Merz eher glauben als Hubertus Heil, der sich in dieser Frage unheimlich engagiert hat.

Das SGB II stammt von Grünen&SPD

Das zustimmungspflichtige SGB II und damit das ALG 2 (Hartz-IV) [Sozialhilfe für hilfebedürftige arbeitslose Erwerbsfähige] stammt von Grünen&SPD, die es 2004 ohne grosse Not und gegen den Einspruch Hunderter Fachleute zum schwerwiegenden Nachteil der Arbeitslosenhilfebezieher so machten.

Wenn Grüne&SPD das SGB II reformieren wollten, hätten sie sich schon etwas früher daran begeben und es intensiver bearbeiten sowie sich auch mit der Union absprechen müssen, da es ja bekanntlich zustimmungspflichtig ist. Man braucht jetzt nicht so empört zu tun.

Man wäre eben 2003/2004 besser beraten gewesen, hätte man sich um eine vernünftige Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik gekümmert, den Zuzug aus Nicht-EU-Staaten geregelt und sowohl das Arbeitsförderungsgesetz sowie die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe neu geregelt.

Stattdessen verhinderte man ab 2002 [bis 2014] die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns, setzte das SGB II in Kraft, mit dem man den Bürgern auch noch das Recht auf berufliche Fortbildung raubte, und dann kam auch noch das hier: O-Ton G. Schröder 2005 "Wir haben einen der besten [und den grössten] Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt."

Das SGB II stammt von Grünen&SPD

Dies stimmt leider, aber deshalb wollte Hubertus Heil es auch reformieren.

Dies wäre zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen, da es nach Schröder mehrere Merkel-regierungen gegeben hat, unter denen diese Reform niemals möglich gewesen wäre. Wenn CDU/CSU jetzt blockieren, hätten sie es damals genauso praktiziert, besonders durch Altmaier sowie andere, die einiges verbockt haben und jetzt die große Klappe riskieren wie Spahn oder Klöckner.

Das Verhalten der Union diente nur, um der Regierung zu schaden. Wie in einem Kommentar der Frankfurter Rundschau vom 15.11.2022 zutreffend erwähnt, gleicht dies einer Methode à la Trump.

SPD gut

das ist ein Naturgesetz