

Ist die geplante Bundesnotbremse für Städte und Kreise mit hoher Covid-Belastung ambitioniert genug? Oder greifen Ausgangssperre und Shutdown zu sehr in die Grundrechte von Bürger*innen und Unternehmen ein? Darüber kann und sollte man wie immer diskutieren und auch streiten. Wenn aber in sozialen Netzwerken behauptet wird, hier werde der Föderalismus abgeschafft oder sogar eine Merkel-Diktatur errichtet, ist das nicht ernstzunehmen.
Feste Regeln ab Inzidenzwert über 100
Bisher fassten die regelmäßigen Bund-Länder-Runden unverbindliche Beschlüsse, die von den Landesregierungen mehr oder weniger konsequent umgesetzt wurden. Bei der nun geplanten Notbremse ist all das nicht mehr erforderlich. Sobald ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt einen Inzidenzwert über 100 aufweist – und das ist derzeit die Mehrheit – sollen automatisch gesetzlich festgelegte Regeln gelten.
Die Zentralisierung betrifft damit aber nur einen Teil der Pandemiebekämpfung. Ein Landkreis oder ein Bundesland kann weiter lockern, sofern die Zahlen vor Ort unter der Inzidenz von 100 bleiben. Nur bei höheren Inzidenzwerten soll die neue Bundesregelung eingreifen. Wenn aber die Zahl der Infektionen über 100 pro 100.000 Einwohner*innen und sieben Tagen liegt, dann ist eine Lockerung vermutlich ohnehin keine gute Idee. Manches Bundesland dürfte dann vielleicht sogar froh sein, wenn es die nächsten harten Einschnitte nicht selbst anordnen muss, sondern sich hinter einem Bundesgesetz verstecken kann.
Maßnahmen per Bundesgesetz demokratischer
Ganz sicher entsteht so aber keine Diktatur. Wenn der Bundestag ein Gesetz mit Maßnahmen selbst beschließt, ist dies sogar demokratischer, als wenn er deren Auswahl den Landesregierungen und deren Verordnungen überlässt.
Zwar steht den Bürger*innen gegen Maßnahmen, die im Gesetz stehen, nur noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht offen. Das heißt aber auch: vor dem Gang nach Karlsruhe, muss nicht erst den Rechtsweg durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit absolviert werden. Das dürfte die Mehrheit der Deutschen wohl kaum erschrecken. Manche werden es womöglich als Vorteil ansehen, wenn das Bundesverfassungsgericht sich schneller und häufiger um Corona-Fragen kümmern muss.