Positionspapiern der SPD-Bundestagsfraktion

Wir brauchen einen neuen Umgang mit Cannabis in Deutschland

Dirk Heidenblut20. April 2020
Die vollkommen überkommene und vorsintflutliche Kriminalisierung von vielen Tausend Cannabis-Konsumenten endlich abschaffen – das ist das Ziel von Dirk Heidenblut und der SPD-Bundestagsfraktion.
Die vollkommen überkommene und vorsintflutliche Kriminalisierung von vielen Tausend Cannabis-Konsumenten endlich abschaffen – das ist das Ziel von Dirk Heidenblut und der SPD-Bundestagsfraktion.
Der Umgang mit Cannabis ist in Deutschland nicht auf der Höhe der Zeit. Wir müssen unsere Drogenpolitik auf den Prüfstand stellen, um die flächendeckende Freigabe von Cannabis möglich zu machen.

Im Februar hat die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier beschlossen und fordert einen neuen Umgang mit Cannabis. Die Fraktion will konkret Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis ermöglichen.

Die Diskussion um neue Wege in der Cannabispolitik ist der Sozialdemokratie keinesfalls neu. Eine Abkehr von der bisherigen Verbotspolitik ist Beschluss- und Programmlage in einigen Landesverbänden. Die Jusos erheben die Forderung schon seit Jahren und in den 90er Jahren waren wir eigentlich auch schon mal weiter. Auch die Arbeiterwohlfahrt und die Friedrich-Ebert-Stiftung haben inhaltlich vorgelegt. So hat beispielsweise die FES 2015 festgehalten, dass die derzeitige Verbotspolitik gescheitert ist und mehr schadet als nutzt. Sie plädierte für einen umfassenden und evidenzbasierten neuen Politikansatz.

Cannabis-Besitz muss Ordnungswidrigkeit und nicht Straftat sein

Mir ist es wichtig, dass wir jetzt in der SPD insgesamt zu einer eindeutigen Sicht und Beschlusslage kommen. Es besteht zweifelsfrei Handlungsbedarf. Ich werbe für einen zweistufigen Ansatz.

In der ersten Stufen brauchen wir drei Dinge. Gleiche Kleinstbesitzgrenzen im ganzen Land, bevor die Strafverfolgung beginnt. Zehn Gramm in NRW, 15 Gramm in Berlin, sechs Gramm in Brandenburg – was für ein Kuddelmuddel. Zudem sollte der Kleinmengenbesitz generell aus dem Strafrecht ins Ordnungsrecht überführt werden. Aus einer Straftat würde so eine Ordnungswidrigkeit.

Die vollkommen überkommene und vorsintflutliche Kriminalisierung von vielen Tausend Konsumenten würde so abgeschafft. Drittens sollten dann tatsächlich in den Kommunen Modellprojekte an den Start gehen, um den besten Weg zur kontrollierten und legalen Abgabe von Cannabis zu erproben. Coffeeshops oder gar Apotheken? Probieren wir es aus!

Klare Grenzwerte und Messverfahren für den Straßenverkehr

Viele Kommunen haben schon beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Modellprojekt-Anträge gestellt. Diese wurden jedoch alle abgelehnt. Ein Beispiel ist ein Konzept des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg von 2015. In lizenzierten Geschäften hätte Cannabis an erwachsene Konsumenten legal abgegeben werden können. Sie hätten an Begleitstudien teilnehmen müssen und hätten nur eine begrenzte Menge erhalten. Die abgegebenen Dosen wären gekennzeichnet gewesen, zur zweifelsfreien Identifizierung durch die Polizei.

Wir brauchen klare Grenzwerte und andere Messverfahren für den Straßenverkehr. Das ist auch kein Hexenwerk. Eine Grenzwertekommission schlug bereits 2015 einen Wert von drei Nanogramm THC je Milliliter Blutserum vor. Erst wenn der Wert höher liegt, soll der Führerschein eingezogen werden. Heute ist bereits ab einem Nanogramm der Lappen weg. Ein Wert, der auch nach vielen Tagen Cannabisabstinenz im Blut noch nachweisbar ist. Realistisch und lebensnah ist das nicht.

Wie die flächendeckende Freigabe von Cannabis gelingt

Durch verpflichtende Begleitforschung und wissenschaftliche Evaluation, sammeln wir so Erfahrungen für die zweite Stufe. Die flächendeckende Freigabe von Cannabis. Zertifizierte Produktqualität durch kontrollierten Cannabisanbau. Strenger Jugendschutz und Präventionsangebote. Für diesen neuen Ansatz werbe ich. Nur so kann es funktionieren.

Mir ist auch ein anderer Aspekt wichtig. Die Versorgung mit Cannabis aus medizinischen Gründen. Seit 2017 ist es möglich, unter bestimmten Voraussetzungen Medizinalcannabis zu nutzen. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen die Kosten für eine solche Therapie. Der Gesetzgeber hat beschlossen, dass dann eine solche Therapie möglich ist, wenn eine Standardtherapie nicht zur Verfügung steht bzw. nicht angewendet werden kann. Zudem muss eine Aussicht auf therapeutischen Erfolg bestehen. Die Therapie bedarf jedoch im Einzelfall der Genehmigung durch die Kasse.

Cannabis als Medizin anerkennen

In der praktischen Umsetzung gibt es leider viele Probleme. Deswegen haben wir im Bundestag nachgeschärft und den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen gelockert. Eine einmal genehmigte Therapie muss nicht mehr neu genehmigt werden, wenn nur die Dosierung oder die Sorte geändert wird. Auch der Wechsel aus einer stationären in eine ambulante Behandlung wird erleichtert.

Dennoch muss da noch mehr geschehen. Damit auch tatsächlich nur in „Ausnahmefällen“, so der Wortlaut des Gesetzes, die Therapien abgelehnt werden. Daran arbeite ich.

Gebt das Hanf frei!?

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Kommentare

Top!

Vielen Dank Herr Heidenblut, dass Sie sich für dieses wichtige Thema einsetzen.
Sie sind auf dem richtigen Weg!

Legalisierung und Kontrolle!

Wer Wodka in Lebensmittel-Geschäften verkauft, sollte die überfällige Legalisierung endlich auch für harmlosere Drogen vollziehen!
Wer auf Wodka steht und ihn trinkt, muss nicht befürchten zu erblinden, denn es gibt "Lebensmittel"-Kontrollen.
Wer auf Cannabis steht, sollte im legalen Bereich auch auf dem Produkt über Herkunft und Qualität informiert werden!
In der Weimarer Republik wurden Haschisch-Produkte in der Apotheke verkauft, also dort, wo man Qualität bei legalen Drogen erwarten darf.

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 5 unserer Netiquette verstieß.

https://www.vorwaerts.de/seite/netiquette

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Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 5 unserer Netiquette verstieß.

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Ordnungswidrigkeit nicht Straftat

Als ich dies las war mir klar, daß eine Legalisierung nicht intendiert ist.
Dann: THC wird relativ schnell verstoffwechselt https://www.drugbank.ca/drugs/DB00470), was in den üblichen Tests nachgewiesen wird sind Metaboliten (Abbauprodukte) die aber gar nicht schwindelig machen.
Sicherheitspolitische Aspekte: Jede/r der mit Cannabis erwischt wird ist zuerst mal kriminel. 100% Aufklärungsquote ! Da freut sich die Statistik, auch wenn die Verfahren wegen geringer Mengen, dann eingestellt werden. Aber so hält man Staatsanwälte davon ab sich um Wirtschaftskriminelle zu kümmern.

Sorry, nicht glaubwürdig

Herr Heidenblut mag ja wirklich daran liegen die Konsumenten zu entkriminalsieren, nur leider ist diese Forderung, da sie von der SPD kommt, nicht glaubwürdig... Kurz zur Erinnerung:

"Nachdem am 27. Oktober 1998 die Rot-Grüne Bundesregierung ihre Arbeit aufnahm, machte sie jedoch nicht etwa das Hanfsamenverbot rückgängig, sondern intensivierte die Kifferjagd mit viel propagandistischer Begleitmusik. So stieg die Anzahl der polizeilich registrierten Delikte in Bezug auf Cannabis von 112.923 im Jahr 1998 auf 177.203 im Jahr 2004. Dies entspricht einer Zunahme um 57 Prozent. Die Gesamtzahl der registrierten BtM-Delikte stieg im gleichen Zeitraum von 216.682 auf 283.708 entsprechend einer Zunahme um 31 Prozent. Die auf Cannabis bezogenen Delikte stiegen in jener Zeit deutlich stärker an als die Gesamtzahl der registrierten BtM-Delikte."
....
Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 27. März 2011 ...an eine Koalition aus Grünen und SPD abgeben;
Von 2012 bis 2013 stieg die Zahl der registrierten BtM-Delikte in Baden-Württemberg von 27.053 auf 31.647. Dies entspricht einer Zunahme um 16,9 Prozent.

Somit ist die SPD für mich in Bezug auf eine Hanffreigabe einfach unglaubwürdig

Netiquette und Niederlande

Euch sind doch die E-Mail Adressen bekannt, warum löscht ihr die Kommentare. In den 60ern hätte sich ein Homosexueller
auch nicht mit Klarnamen zur Legalisierung der Homosexualität geäußert.
Bin Jahrgang !958, lebe in Ostfriesland und kannte Coffee-Shops in Groningen. Harte Drogen wurden mir dort nie angeboten, habe auch nicht danach gefragt, das Angebot an Cannabisprodukten war vielfältig.
Die Niederlande haben im Verhältnis weniger Drogentote,
Zahl der C-Konsumenten ist ähnlich wie bei uns.
Libanon und Nepal legalisieren gerade Anbau für med. Cannabis. Die würden sicher gern deutsche C-Shops beliefern, in Marokko und Afghanistan könnte man ja mal
freundlich anfragen.
Ich halte Cannabis für weit weniger schädlich als Alkohol
und das Suchtpotential geringer als bei Tabak und div.
Medikamenten.
Das Menschen der Führerschein abgenommen wird, obwohl
sie nicht berauscht gefahren sind, ist völlig daneben.
Ich verstehe diese Politik nicht.

Stimmt, in Winschoten oder

Stimmt, in Winschoten oder Groningen kostete das Gramm Schimmelafghane 10 Gulden, auf der deutschen Seite wurde das gleiche Produkt dann für 20 Mark von Dealern vertickt, was zu einer weitaus höheren Kriminalitätsrate führte. Ganz zu schweigen davon, dass so mancher Dealer gestreckte und verunreinigte Ware verkaufte.