„Hoffnung und Perspektive bieten“

Boris Pistorius: Unterstützung für Flüchtlinge bleibt auch mit Corona wichtig

Benedikt Dittrich21. April 2020
Minderjährige Flüchtlinge in Griechenland machen sich bereit für den Abflug: Ein Flugzeug bringt sie nach Deutschland.
Minderjährige Flüchtlinge in Griechenland machen sich bereit für den Abflug: Ein Flugzeug bringt sie nach Deutschland.
Schon vor Monaten hatte Boris Pistorius gefordert, Flüchtlingen in Griechenland zu helfen – am Wochenende erreichten nun die ersten Kinder Deutschland. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen, meint Niedersachsens Innenminister.

Boris Pistorius hatte bereits im Herbst 2019 Unterstützung und Hilfe für die Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern eingefordert, doch er musste diese Forderung oft wiederholen. Bis in den März hinein dauerte es, bis es eine Koalition europäischer Staaten gab, die besonders schutzbedürftige minderjährigee Geflüchtete aufnehmen wollte. Nun konnten die ersten von Griechenland nach Deutschland reisen. 47 Kinder wurden am Wochenende aus den überfüllten Camps auf den griechischen Inseln geholt.

Pistorius: Erste Aufnahme nur ein Anfang

Von Erfolg will Boris Pistorius deswegen aber nicht sprechen. „Das ist das falsche Maß“, sagt der Landesminister auf Nachfrage des „vorwärts“. „Es geht einzig und allein um das Wohl und die Perspektive für diese Kinder.“ Der Sozialdemokrat betont den humanitären Anspruch, der den Geflüchteten in Griechenland gelte: „Es geht darum, sie aus dem Elend der Lager wie Moria auf Lesbos zu holen.“ Die Aufnahme der rund 50 Kinder könne nur ein Anfang sein und weitere Schritte müssten folgen.

Boris Pistorius, SPD-Innenminister in Niedersachsen.
Boris Pistorius, SPD-Innenminister in Niedersachsen.

Über die schwierige Situation in Lagern wie Moria auf Lesbos hatte sich Pistorius im November bei einem Besuch vor Ort informiert, auch andere SPD-Politiker*innen beklagten immer wieder die schlechte hygienische Situation, die Versorgung und die Überforderung der griechischen Behörden.

Die Wende kam im Winter

„Ich habe im November den ersten Impuls für die Aufnahme gesetzt“, berichtet Pistorius, „aber ich bin seinerzeit vor allem auf Widerstände gestoßen, aber natürlich auch auf Unterstützung.“ Über die Wintermonate habe sich die Stimmung dann gedreht, bis hin zu den Beschlüssen auf Bundes- und EU-Ebene. „An dieser Initiative sind viele beteiligt“, ergänzt Pistorius mit Blick auf die UN-Flüchtlingshilfe oder die griechischen Behörden.

Zwar hätte er sich gefreut, wenn es schneller gegangen wäre, Pistorius gibt aber auch zu: „Bei einer realistischen Betrachtung ist auch wichtig zu betonen, dass es überhaupt gelungen ist, etwas zu bewegen.“ Vor einigen Wochen sei das noch nicht klar gewesen. „Umso erfreulicher ist es, dass sich alle Beteiligten so weit bewegt haben, dass wir vielen Kindern, die alleine auf Lesbos, Samos oder Chios sind, eine neue Perspektive und etwas Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu bieten.“ Um ausschließen zu können, dass sie mit dem Coronavirus infiziert sind, wurden die Geflüchteten nach ihrer Ankunft zunächst unter zweiwöchige Quarantäne gestellt.

Dass sein Einfluss als Landesinnenminister von Niedersachsen auf EU-Ebene nur beschränkt ist, dessen ist sich Pistorius unterdessen bewusst. Dennoch nimmt er aus der aktuellen Entwicklung eine positive Erkenntnis mit: „Ich glaube, dass es ein wichtiges Signal ist, dass meine Initiative letztendlich so viel bewegt hat. Das zeigt, dass es wichtig ist, sich für das, was man für richtig und wichtig hält, einzusetzen. Auch gegen viele Widerstände.“

Erdogans Politik verschärfte die Situation

Die griechischen Lager waren bereits zu Beginn der Coronakrise hoffnungslos überfüllt – auch, weil der türkische Präsident Erdogan Geflüchtete nach Europa weitergeschickt hatte. Über die desolate Lager an der türkisch-griechischen Grenze hatte unter anderem der migrationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, dem „vorwärts“ berichtet.

Dass derzeit der Kampf gegen die Corona-Pandemie den politischen Alltag beherrscht, ist für Boris Pistorius deswegen auch kein Grund, die Aufmerksamkeit für andere Menschen in Not zu vernachlässigen. „Natürlich steht Corona gerade im Mittelpunkt der alltäglichen Arbeit. Das Thema hat eine extrem hohe Priorität“, sagt er. „Die Menschen haben große Sorgen, weil sie zum Beispiel ihren Job verlieren könnten und weil das persönliche Umfeld und gerade die älteren Angehörigen direkt von der Krankheit betroffen sein könnten.“

Das dürfe aber nicht dazu verleiten, gerade in diesen Krisenzeiten das Leid und die Probleme vieler Menschen wegen anderer Themen zu vergessen. Deswegen fordert Pistorius auch weiterhin Unterstützung ein, unter anderem für die Geflüchteten: „Sie brauchen gerade jetzt unser politisches Engagement, unsere Empathie und unsere Hilfe.“

Flüchtlinge – Herausforderung für Europa

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Kommentare

Und was ist mit den Ärmsten

Und was ist mit den Ärmsten der Armen im zerrütteten Jemen?
https://www.tagesschau.de/ausland/welternaehrungsprogamm-jemen-101.html

die sind

nicht weiter von Interesse. Solange wir nur überhaupt irgendwelche Flüchtlinge oder andere haben, an denen wir unser Gewissen entlasten können, ist es gut. Es geht ja nicht um das Elend in der Welt, sondern darum, dass wir uns eines guten Gewissens versichern können. Dazu brauchen wir die Jeminiten oder andere nicht.

es geht um uns, nicht um die anderen

Es sollten doch überwiegend

Es sollten doch überwiegend erkrankte Kinder, hauptsächlich Mädchen kommen. Ich sehe auf den Bildern nur männliche Jugendlich bzw. junge Männer, wohl genährt und stylisch gekleidet.

Wo bleiben denn die unbegleiteten Mädchen?

Unerheblich

Das Bild zeigt zum einen nicht die komplette Gruppe, zum anderen haben sie nicht richtig hingeschaut. Unabhängig davon ist grundsätzlich in diversen Medien immer wieder von hilfsbedürftigen Geflüchteten die Rede gewesen, hauptsächlich Frauen, Kinder und Jugendliche. Unabhängig davon ist es doch unerheblich, welches Geschlecht die Minderjährigen Geflüchteten haben, wenn sie bedürftig sind. Ob sie gut genährt sind oder wie sie im Flüchtlingslager in Griechenland gelebt haben, können Sie anhand einer Momentaufnahme kurz vor dem Abflug nach Deutschland wohl kaum beurteilen - ganz zu schweigen davon, dass der Gesundheitszustand nicht nur von der Ernährung abhängt und wir keine unterernährten, verletzten oder offensichtlich erkrankte Minderjährige zeigen werden – das widerspricht unserem Verständnis der Presse-Ethik.

Dann sollte im Vorfeld aber

Dann sollte im Vorfeld aber nicht der Eindruck erweckt werden, daß schutzbedürftige Mädchen kommen:
"Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums handelt es sich bei den unbegleiteten Minderjährigen um 43 Jungen und vier Mädchen, unter ihnen einige Geschwisterpaare."
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/...

Ja, genau darum geht es. Es

Ja, genau darum geht es. Es ging dabei lt. Politik u. Medien um Kinder, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt wären, die meisten Mädchen. Seitens der Medien wurden zum Thema unzähliche Bilder stets von kleinen Kindern/Mädchen mit Kulleraugen spielend von Müll veröffentlicht.

Frauen reisen aber in muslimischen Kulturkreisen äußerst selten alleine und erst recht keine minderjährigen Mädchen. Aus diesem Grunde dürften wohl kaum Mädchen in Betracht kommen.