ÖPNV

Billig oder einfach? Worauf es nach dem 9-Euro-Ticket ankommt

Kai Doering31. August 2022
Bundesweit Bahn fahren mit nur einem Fahrschein: Das ist der Anspruch von vielen an eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket.
Bundesweit Bahn fahren mit nur einem Fahrschein: Das ist der Anspruch von vielen an eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket.
Zum Ende des 9-Euro-Tickets haben die Verkehrsunternehmen eine positive Bilanz gezogen. Sozial- und Wohlfahrtsverbände werben für eine schnelle Anschlusslösung. Der Preis steht dabei jedoch nicht im Mittelpunkt.

Die Zahlen können sich sehen lassen. 52 Millionen 9-Euro-Tickets wurden für die Monate Juni, Juli und August verkauft. Dazu kommen zehn Millionen weitere Tickets, die Abonnent*innen im Aktionszeitraum automatisch erhalten haben. Jede zehnte Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket hat zudem eine Autofahrt ersetzt. In den drei Monaten, in denen das Angebot galt, konnten so rund 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

„Eindeutige positive Wirkung fürs Klima“

Das geht aus einer bundesweiten Erhebung hervor, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zusammen mit der Bahn und zwei Marktforschungsinstituten vorgenommen hat. „Das 9-Euro-Ticket hat also nicht nur die Bürgerinnen und Bürger finanziell entlastet, sondern auch eine eindeutige positive Wirkung fürs Klima“, zieht VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff eine Zwischenbilanz. „Alle verantwortlichen Akteure sollten daher jetzt zügig über die Fortsetzung und Weiterentwicklung eines solchen Angebots entscheiden.“

„Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich über Anschlusslösungen zu unterhalten“, ist auch Dorothee Martin überzeugt. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion sprach sich schon vor einigen Wochen im Gespräch mit dem „vorwärts“ für ein zügiges Anschlussangebot an das an diesem Mittwoch auslaufende 9-Euro-Ticket aus. Ihre Fraktion hat gerade eine bundesweite Fahrkarte für den Nahverkehr zu einem Preis von 49 Euro im Monat ins Gespräch gebracht. Bei einer Klausur Ende der Woche in Dresden will sie darüber beraten.

Günstig, unkompliziert und bundesweit einheitlich

„Die Vorschläge zu einem 49-Euro-Ticket sind ein guter Anfang“, lobt Verena Bentele. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK mahnt jedoch, dass der derzeitige Regelsatz in der Grundsicherung dafür nicht ausreiche. Bentele fordert deshalb: „Menschen mit wenig Geld müssen weiterhin mobil sein können, das muss auch im neuen Bürgergeld berücksichtigt werden.“ Eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket müsse nun schnell gefunden werden. „Günstig, unkompliziert und bundesweit einheitlich sollte das neue Ticket sein“, so Bentele.

Der VdK ist eines von zehn Mitgliedern des „Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende“, eines Zusammenschlusses von Sozialverbänden, Gewerkschaften und Umweltverbänden. Zum Ende des 9-Euro-Tickets fordert das Bündnis eine „Weiterentwicklung des Angebots im Dienst einer sozialen und ökologischen Mobilitätswende“. Der Preis sei dabei wichtig, „aber allein nicht wirksam“. Es gehe auch um dauerhafte Investitionen in Infrastruktur, Personal, Fahrzeuge und nicht zuletzt Barrierefreiheit, damit der ÖPNV dauerhaft attraktiv sei.

Der Preis spielt nicht die entscheidende Rolle

„Ein günstiges Ticket vor allem für diejenigen, die darauf angewiesen sind, muss priorisiert und sofort angeboten werden“, fordert das Bündnis. Darüber hinaus müsse aber auch „umfassend und dauerhaft in den Ausbau und die Qualität des ÖPNV und die Attraktivität der Arbeitsplätze investiert werden“. Besonders die Gewerkschaften hatten in den vergangenen Wochen immer wieder darauf hingewiesen, dass die weitgehend reibungslose Umsetzung des 9-Euro-Tickets den Beschäftigten zu verdanken sei, die zum Teil an ihre Belastungsgrenze gegangen seien.

„Der Bund und die Länder sind jetzt in der Pflicht, eine dauerhafte und umfassende Finanzierungsstruktur sicherzustellen“, fordert daher das „Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende“. Kurzfristige Fördermittel seien dafür nicht ausreichend. Beruhigen dürfte die Politik dabei ein weiteres Ergebnis der VDV-Erhebung: Demnach spielt der Preis des Tickets nicht unbedingt die entscheidende Rolle, zumindest nicht für Neu-Kund*innen. Zwar gaben 56 Prozent von ihnen an, er sei das Hauptargument für den Kauf des 9-Euro-Tickets gewesen. Gleich danach folgt jedoch der Wunsch, auf Autofahrten zu verzichten.

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Kommentare

vorallem muss die Bahn

für Sauberkeit in den Zügen setzen. Viele Sitzplätze bleiben frei, weil sie so verdreckt sind, dass sich niemand in die Sch... hineinsetzen mag. Damit fängt es an, der Preis kommt dann später auch noch dazu

Sauberkeit in den Zügen

Die verschmutzten Sitze in den Bahnen sind eine der vielen Folgen von Mehdorns "Sparmaßnahmen", ebenso gehören die vielen geschlossenen sowie auch verschmutzten WC-Anlagen, verschlossene Türen dazu. Im Gegensatz dazu erhalten die zahlreichen Vorstände und Aufsichtsräte der unzähligen Tochtergesllschaften hohe Gehälter und Tantiemen, unabhängig davon, ob sie fähig sind oder nur als "Versorgungsposten" neben anderen Gehältern, s. Pofalla, eingesetzt wurden.

Die Bahn war in den letzten Jahren immer dann pünktlich, wenn sie die Preise erhöht hat, gleichzeitig aber Strecken stillgelegt und Zugverbindungen gestrichen hat.

ja, vielleicht ließe sich auch dieses Problem mit noch mehr Geld

lösen. Alternativ dazu könnte man die Ungezogenheit viele Mitbürger mal ins Auge fassen- also nicht die Allgemeinheit mit deren Hinterlassenschaften behelligen sondern die Verursacher selbst. Aber das traut sich heute niemand mehr, reicht doch bei vielen ein falscher Blick aus, um eine Rechtfertigungsnotlage auszulösen. Am besten, man setzt eine dunkle Sonnenbrille auf, oder guckt ständig zu Boden

dieses Problem

Ihre Hinweise auf die Ungezogenheit vieler Mitbürger*innen treffen leider in vollem Umfang zu. Ich habe bei den hiesigen Behörden mehrfach vorgeschlagen, beispielsweise an den Glascontainern, wo allerlei Unrat abgeladen wird, Videokameras aufzustellen und die Verusacher damit zu bestrafen, den Müll an allen Containern abzuräumen, erhalte aber immer den Einwand, dies sei rechtlich nicht möglich, obwohl es an manchen Orten - erfolgreich - praktiziert wird und auch an vielen anderen Stellen Videokameras vorhanden sind.

Wer z.B. Lebensmittel oder Getränke irgendwohin bringt, kann sie auch wieder wegbringen. Aber, wie Sie erwähnen, traut sich niemand, die Verursacher anzusprechen, weil sie mit Schlägen u.ä. rechnen müssen, wie es vielfach Bahnbeamten ergangen ist, die auf die Maskenpflicht hingewiesen haben.

Von Klimaschutz will niemand, auch der zuständige Minister nicht, etwas hören. So richtet sich die Menschheit selbst zugrunde

dieses Problem

Ihre Hinweise auf die Ungezogenheit vieler Mitbürger*innen treffen leider in vollem Umfang zu. Ich habe bei den hiesigen Behörden mehrfach vorgeschlagen, beispielsweise an den Glascontainern, wo allerlei Unrat abgeladen wird, Videokameras aufzustellen und die Verusacher damit zu bestrafen, den Müll an allen Containern abzuräumen, erhalte aber immer den Einwand, dies sei rechtlich nicht möglich, obwohl es an manchen Orten - erfolgreich - praktiziert wird und auch an vielen anderen Stellen Videokameras vorhanden sind.

Wer z.B. Lebensmittel oder Getränke irgendwohin bringt, kann sie auch wieder wegbringen. Aber, wie Sie erwähnen, traut sich niemand, die Verursacher anzusprechen, weil sie mit Schlägen u.ä. rechnen müssen, wie es vielfach Bahnbeamten ergangen ist, die auf die Maskenpflicht hingewiesen haben.

Von Klimaschutz will niemand, auch der zuständige Minister nicht, etwas hören. So richtet sich die Menschheit selbst zugrunde.

Man muss Unterschiede machen.

Günstig und unkompliziert (bspw. für Pendler an Tarif- und/oder Landesgrenzen) soll so ein Ticket sein, dabei muss man zwischen Sozialhilfeempfängern (SGB II), Gering- sowie Durchschnittsverdienern unterscheiden.

Bei der Preis- und der Leistungsgestaltung [bspw. Ortsverkehr, Nahverkehr/Regionalverkehr, landes-/bundesweiter Verkehr] muss man also eine Dreiteilung vornehmen.

Das 9 € Ticket verkaufte sich natürlich wie warme Brötchen, ein 49 € Ticket täte es das nicht mehr. Denn in der Regel fährt man ja nicht quer durchs Land, deshalb braucht man gerade für die beiden ersten Gruppen (Sozialhilfeempfänger und Geringverdiener) eine preislich vernünftige Alternative.