„Der Wert der Solidarität ist genau der, auf den es ankommt“, sagte Katarina Barley. Die Bundesjustizministerin und Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl skizzierte vor Betriebs- und Personalräten in Bremerhaven ihre Version von einer weiterentwickelten Europäischen Union. Die EU sei von weitsichtigen Menschen geschaffen worden. Aber darauf, so Barley, dürfe sich angesichts der Spalter, die in vielen Ländern am Werk seien, niemand ausruhen. Im Gegenteil: Sie rief die Zuhörer dazu auf, „ein Europa der sozialen Rechte zu bauen.“ Viele Beispiele zeigten letztlich: „Allen Ländern geht es mit der EU besser als ohne.“
Bullmann fordert soziale EU
Zu tun gibt es genug. Darin waren sich nicht nur die Betriebs- und Personalräte aus Bremen und der Region einig. Barley sprach ihnen aus dem Herzen, als sie die großen Politik- beziehungsweise Themenfelder skizzierte: europäischer Mindestlohn, Stärkung der Mitbestimmung, Klimawandel, gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, Forschung und Bildung im Zuge der Globalisierung sowie Transport und Verkehr kamen zur Sprache.
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament Udo Bullmann schlug in die gleiche Kerbe. Er forderte von der Europäischen Kommission mehr Vorschläge für eine soziale Ausgestaltung der EU. Doch nicht nur das, Bullmann machte deutlich: „Wir verspielen unsere Zukunft!“ Während die EU-Mitgliedsstaaten mit Investitionen gerade in Mittel- und Osteuropa knauserten, nehme China Milliarden Euro in die Hand, um sich im Zuge seiner Strategie der „neuen Seidenstraße“ einzukaufen – mit negativen Auswirkungen auf Arbeitnehmerrechte, erklärte Bullmann.
Auf einer Linie mit dem DGB
Gleiches gelte für die Zukunft der nachfolgenden Generation. Es könne doch nicht sein, dass vier von zehn Kindern im Europa des 21. Jahrhunderts hungrig zur Schule gehen. Ebenso sei es ein Menschenrecht, dass Kinder und Erwachsene einen Arzt in Reichweite hätten, wenn sie einen benötigten. „Wir denken von arbeitenden Menschen aus, das ist unser Leitsatz für Europa“, rief Bullmann den Betriebs- und Personalräten zu. Damit befand sich Bullmann auf einer Linie mit dem DGB-Bundesvorsitzenden Reiner Hoffmann: „Europa findet tagtäglich vor Ort in den Betrieben und Verwaltungen statt.“
Dies machten auch die Betriebs- und Personalräte in ihren Beiträgen klar. Wie geht es im Transport- und Verkehrsgewebe weiter? Wie steht die SPD zum Kohleausstieg? Wie will die Partei das verbreitete Lohndumping bei den Paketdiensten bekämpfen? Dazu gaben Barley, Bullmann und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil Antworten. Der gefundene Kompromiss der Kohlekommission sei das beste Ergebnis, das auch die Zukunft der Arbeitsplätze sichere, befand Klingbeil.
Barley: Europa ist eine Riesenchance
Barley versprach, die Anregungen mit in die Programmdiskussion zu nehmen. Sie machte den Zuhörerinnen und Zuhörern Mut: „Europa ist eine Riesenchance, aber es ist anhand der Fragen heute auch klargeworden, was passieren kann, wenn es kippt.“