Feminismus

Barcamp Frauen: Feministische Strategien gegen den Rechtspopulismus

Paul Starzmann11. März 2017
Die Autorin Carolin Emcke hat 2016 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. In diesem Jahr war sie zu Gast beim „Barcamp Frauen“ in Berlin.
Die Autorin Carolin Emcke hat 2016 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. In diesem Jahr war sie zu Gast beim „Barcamp Frauen“ in Berlin.
USA, Polen, Türkei – in immer mehr Ländern haben frauenfeindliche Politiker das Sagen. Junge Sozialdemokratinnen arbeiten an Gegenstrategien. Beim „Barcamp Frauen“ in Berlin bekamen sie dafür einen Tipp von der Autorin Carolin Emcke.

„Wenn du ein Star bist, lassen sie dich tun, was du willst“, sagte Donald Trump im Jahr 2005 und prahlte: Er habe keine Hemmungen davor, Frauen zu begrapschen – er sei schließlich berühmt und dürfe tun, was er will. Damals war Trump ein Fernsehstar, heute sitzt er im Weißen Haus. Mit Trumps Wahlsieg war vielen Frauen klar: Es ist Zeit, aufzustehen und Widerstand zu leisten.

Von Lohngerechtigkeit bis zu „sexpositiver Sprache“

Auch für deutsche Sozialdemokratinnen gehört der Kampf gegen Sexismus seit jeher zu ihrem politischen Engagment. So auch für Nancy Böhning, die seit sieben Jahren das „Barcamp Frauen“ in Berlin organisiert – inzwischen eine Art „feministisches Klassentreffen“, wie sie es nennt. Bei der Veranstaltung in Berlin dreht sich einmal im Jahr alles um feministische Politik – es geht um Lohngerechtigkeit, aber auch um Pränataldiagnostik oder „sexpositive Sprache“. Profitieren sollen davon nicht nur die Gäste des Treffens, sondern auch die SPD. Denn: „Wir sind viele Multiplikatoren“, so Böhning, die hauptberuflich im Willy-Brandt-Haus arbeitet.

Für Böhning und ihre Kollegin Elisa Gutsche war von Anfang an klar, dass in diesem Jahr der Kampf gegen den Rechtspopulismus im Mittelpunkt des „Barcamp“ stehen sollte. „Aus dem Netz und auf die Straße. Kämpfer*innen unite!“, lautet ihr Motto für 2017. Der Grund: Der Rechtspopulismus gehe immer mit einem „Angriff auf Frauenrechte“ einher, wie Böhning betonte. Deshalb wollen die jungen Sozialdemokratinnen Strategien entwickeln, um die Rechtspopulisten zurückzudrängen – sowohl im Netz als auch auf der Straße. Unterstützt werden sie dabei von der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.

Besorgte Bürger: „Schutzschild für Rassismus“

Die Autorin Carolin Emcke steht ebenfalls hinter dem Motto des diesjährigen „Barcamp“. Sie kennt das oft frauenverachtenden Verhalten der Rechten: Schon seit Jahren erhalte sie Anfeindungen per E-Mail, sagte sie. Neu sei allerdings, dass heute viele Zuschriften nicht mehr anonym seien. „Der qualitative Unterschied ist die Schamlosigkeit“, mit der Hetzer heute ihre Botschaften verbreiteten.

Vor den selbsternannten „besorgten Bürgern“ warnte Emcke deutlich. Allzu häufig sei der Begriff der „Sorge“ lediglich ein „rhetorisches Schutzschild für Rassismus“. Die Gesellschaft dürfe sich nicht von den Rechten die Diskussionsthemen vorschreiben lassen: „Es ist viel wichtiger, die eigenen Fragen zu stellen“, sagte Emcke. Durch das aggressive Auftreten von Pegida und Co. könne zwar leicht ein „Zustand der Verunsicherung“ ausgelöst werden. Allerdings gelte: „Nur weil die anderen laut sind, sind sie nicht mehr.“ Deshalb seien Veranstaltungen wie das „Barcamp Frauen“ so wichtig. Bei solchen Treffen könne angstfrei diskutiert und gemeinsam politische Lösungen gesucht werden – ohne sich von Rechten und Sexisten „kleinreden zu lassen“.

Polen: Frauenrechte massiv beschnitten

Was mit Frauenrechten passieren kann, wenn die Rechtspopulisten die Macht übernehmen, zeigte Ilona Motyka vom polnischen Verein „Baba“. „Niemand glaubte, dass es so schlimm kommen kann“, sagte die Aktivistin mit Blick auf die rechtskonservative PiS-Regierung. Doch inzwischen gehörten nicht nur Hakenkreuzschmiererein wieder zum Alltag in Polen. Auch die Rechte der Frauen seien massiv eingeschränkt worden – die polnische Regierung und die katholische Kirche stünden hier in einer Reihe, wenn es etwa um die jüngsten Gesetzesverschärfungen für Abtreibungen geht. Die Folge, so Motyka: Rund 100.000 illegale Abtreibungen. Deshalb sei der Kampf gegen den Rechtspopulismus so wichtig – vor allem aus feministischer Sicht.

Die Macherinnen des „Barcamp Frauen“ sehen das auch so. Mit ihrer Veranstaltung wollen sie neue Diskussionen anstoßen und – über Parteigrenzen hinweg – das sozialdemokratische Kernthema „Feminismus“ voranbringen. Das Erstarken des Rechtspopulismus habe Frauen weltweit dazu bewegt, sich zusammenzuschließen und „Alarm zu schlagen“, sagte Nancy Böhning. Ihre Botschaft: „Du musst jetzt was machen!“

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Kommentare

Fragen

Wo offenbart bzw. versteckt sich bei der SPD in Programmen und/oder Beschlüssen die Feststellung des Artikelschreibers, dass der „Feminismus“ ein sozialdemokratisches Kernthema ist ? Können Sie Fundstellen angeben ? Was bedeuten in dem Zusammenhang die Anführungszeichen? Alles und nichts ? Ist das freier Interpretation der Mitglieder überlassen ? Gibt es dazu eine selektive Deutungshoheit, von wem auch immer in der Partei? Was und wie viel hat das mit dem Grundsatz im Programm 2007 zu tun: „Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.“ (Dort steht das ohne Anführungszeichen) ? Alles und nichts ? Ich dachte mir, das wird man doch als männliches Mitglied noch fragen dürfen !

Die Botschaft: „Du musst

Die Botschaft: „Du musst jetzt was machen!“ ist sicherlich richtig, aber vermutlich falsch verstanden. Wie wäre es denn, wenn sich die SPD-Frauen und andere Feministinnen mal intensiv um eine echte Gleichberechtigung kümmern würden, eine, die Jungen und Männer einschließt und die nicht nur die Aufgabe hat, allein für Frauen Vorteile zu erlangen und Rosinen zu picken und dabei die Belange von Jungen und Männern zu ignorieren und deren Rechte zu beschneiden - beispielsweise auch im wahrsten Sinn des Wortes, wo man Jungen das Recht auf körperliche Unversehrtheit gesetzlich abgesprochen hat. Wenn man tatsächlich gleiche Rechte UND gleiche Pflichten UND gleiche Bewertungsmaßstäbe für Männer und Frauen ansetzen würde, könnte man vielleicht auch mehr Männer mit ins Boot holen. So gilt aber der Spruch: "Nur die dümmsten Schafe wählen ihre Schlächter selbst".