Gewissensentscheidung im Bundestag

Armand Zorn zur Impfpflicht: Die Pandemie muss kontrollierbar werden

Armand Zorn16. März 2022
SPD-Politiker Armand Zorn: Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto mehr können wir die Pandemie auch kontrollieren.
SPD-Politiker Armand Zorn: Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto mehr können wir die Pandemie auch kontrollieren.
Ob es gegen Corona eine Impfpflicht geben wird, ist im Bundestag eine Gewissensentscheidung. Eine schwierige Abwägung, gerade für neue Abgeordnete. SPD-Politiker Armand Zorn wirbt für die Impfpflicht ab 18. Entscheidend ist für ihn die Umsetzung.

Wenn wir in dieser Woche zum ersten Mal im Plenum des Bundestags über die Gruppenanträge für eine allgemeine Impfpflicht beraten, ist das für mich auch das Ende eines langen Prozesses der Meinungsbildung. Die Frage, ob man jemanden zu einer Impfung verpflichten darf, ist keine einfache. Ich finde es deshalb gut, dass sie als Gewissensfrage den einzelnen Abgeordneten überlassen wird.

Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann

Ich habe mir diese Frage nicht leicht gemacht und bin mir sicher, dass es den allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen auch so geht. Deshalb habe ich in den letzten Wochen mit vielen Expertinnen und Experten gesprochen, aus dem medizinischen Bereich ebenso wie mit Rechtsexperten und Menschen aus meinem Wahlkreis, die ganz konkrete Erwartungen an die Politik haben. Innerhalb der Fraktion gab es auch einige Informationsveranstaltungen, bei denen wir uns untereinander, aber auch mit Experten austauschen konnten.

Ich habe mir auch angesehen, welche Maßnahmen bisher ergriffen wurden, um die Pandemie zu bekämpfen. Das ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann: Es ist gelungen, in einer Rekordzeit Impfstoffe gegen eine bis dahin unbekannte Krankheit zu entwickeln. Viele Menschen haben bereits von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, doch es sind noch zu wenige.

Wir müssen jede und jeden einzelnen schützen

Jeden Tag bekomme ich über 100 Briefe und E-Mails zur Impfpflicht. Einige Absender sind empört und schreiben, dass eine Impfpflicht nicht geht. Es gibt aber auch viele, die für eine Impfpflicht eintreten und eher enttäuscht sind, dass sie jetzt erst kommt. Das zeigt mir, wie lebhaft und kontrovers in der Gesellschaft über das Thema diskutiert wird. Aber das ist ja eigentlich auch kein Wunder.

Als gewählte Abgeordnete haben wir einen besonderen Auftrag. Wir müssen jede und jeden einzelnen schützen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Pandemie kontrollierbar wird und wir soweit es geht wieder ein normales Leben führen können. Deshalb bin ich für die allgemeine Impfpflicht ab 18. Meine Entscheidung ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen der körperlichen Unversehrtheit des einzelnen und dem Schutz der Allgemeinheit. Entscheidend dabei wird sein, wie sie gestaltet ist. Ob es also etwa ein Impfregister gibt oder nicht und ob die Impfpflicht zeitlich befristet ist. Nur wenn diese Fragen geklärt sind, können wir die allgemeine Impfpflicht einführen.

Ich glaube zwar nicht, dass die Impfpflicht allein dafür ausreichen wird, die Pandemie zu beenden, aber je mehr Menschen sich impfen lassen, desto mehr können wir die Pandemie auch kontrollieren. Die Impfung ist deshalb aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Bestandteil im Kampf gegen das Corona-Virus.

Klar ist aber auch: Es gibt kein Schwarz und Weiß, kein richtig oder falsch. Jede und jeder einzelne Abgeordnete muss abwägen, was sie oder er für richtig hält.

Aufgezeichnet von Kai Doering

Das sind die Vorschläge zur Impfpflicht

Allgemeine ­Impfpflicht ab 18 Jahren

Nach dem Gruppenantrag von Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP sollen alle Staatsangehörigen ab 18 Jahren bis zum 1. Oktober drei Impfungen bei ihrer Krankenkasse nachweisen. Eine Infektion innerhalb der vergangenen drei Monate kann eine Impfung ersetzen. Das Gesetz soll bis 31. Dezember 2023 befristet sein.

Zur ausführlichen Erklärung des Entwurfs.

Allgemeine ­Impfpflicht ab 50 Jahren

Auch dieser Gruppenantrag stammt aus der Feder von Abgeordneten der Ampel-­Koalition. Er sieht vor, dass alle Staatsangehörigen ab 18 Jahren eine verpflichtende Impfberatung erhalten. Mitte September sollen Infektionslage und Impfquote bewertet werden. Droht eine Überlastung des Gesundheitssystems, werden alle über 50-Jährigen einmalig zu drei Impfdosen verpflichtet.

Zur ausführlichen Erklärung des Entwurfs.

Impfpflicht auf Vorrat

Der Gesetzesentwurf von CDU/CSU sieht die Einführung eines Impfregisters vor, in dem vermerkt ist, wer geimpft ist und wer nicht. Eine Impfpflicht soll dagegen erst dann greifen, wenn es die Lage erfordert – gestaffelt nach Alter beziehungsweise Gefährdungslage. Dafür wäre ein weiterer Bundestagsbeschluss nötig.

Ausschluss einer Impfpflicht

Die Eckpunkte für den Antrag aus Reihen der FDP-Bundestagsfraktion lagen bereits kurz vor Weihnachten vor. Die Unterstützer sehen zwar auch die Notwendigkeit, die Impfquote gegen das Corona-Virus zu erhöhen, schließen eine Impfpflicht jedoch aus. Stattdessen setzen sie ausschließlich auf Aufklärung und eine Intensivierung der Impfkampagne.

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