Leben in Slums

Zu arm, um Bedeutung zu haben

Shirine Issa28. Januar 2011

"Was bedeutet das Recht auf einen adäquaten Wohnraum?" Mit dieser Frage eröffnete Salih Booker am Donnerstag die Diskussionsveranstaltung "Leben in Würde? - Slums, Zwangsräumungen,
Menschenrechte und Entwicklungspolitik" der Friedrich-Ebert-Stiftung und Amnesty International. Der amerikanische Politikwissenschaftler ist Geschäftsführer des
Center on Housing Rights and Evictions, früher arbeitete er unter anderem für den Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des US-Kongresses und für den Rat
für auswärtige Beziehungen in New York.

Das Recht auf adäquaten Wohnraum sei eine wesentliche Grundlage für andere Rechte, erklärte Booker. Nur, wer unter angemessenen Verhältnissen lebt, entwickelt eine politische Identität und
bringt sich ein. Nur, wer einen festen Wohnsitz hat, kann wählen gehen! Das Bedürfnis, ein festes Zuhause zu haben, zeigt auch die Weltwirtschaftskrise: Wo hat sie begonnen? In dem Wunsch der
US-Amerikaner auf ein eigenes Heim und in dem, was sie dafür auf sich nahmen: Hohe Kredite.

Booker formulierte drei klare Zielsetzungen: "Wir müssen den Fokus weg von internationaler, hin zu lokaler Arbeit bringen. Wir müssen die Gerichte und Rechtssysteme stärken. Wir müssen die
Menschen stärken, ihre Rechte selbst wahrzunehmen!"

Was kann die Bundesrepublik tun?

Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechte, erklärte in der anschließenden Diskussionsrunde: Kernpunkt für das Auswärtige Amt in der Wohnraumproblematik sei die
Rechtssicherheit. "Dabei geht es nicht nur um Gesetze, sondern auch um ein Rechtssystem, bei dem jeder seine Rechte einfordern kann." Außerdem müssten Eigentums- und Mietverhältnisse klarer und
durchsetzbarer werden.

Karin Roth, Mitglied der SPD-Fraktion des deutschen Bundestages verbindet das Recht auf adäquaten Wohnraum mit dem Recht auf Arbeit. "Es kann nur beides
zusammen geben", sagt sie. Der Politikerin geht es vor allem darum, zivilgesellschaftliche Gruppen zu stärken. Deshalb sind für sie Nichtregierungsorganisationen besonders wichtig: "Demokratie
lehrt sich nicht von oben, Demokratie lehrt sich von unten. Wir müssen die Menschen stärken, dass sie ihre Rechte einfordern."

Dem stimmte Dr. Almuth Schauber, Fachreferentin bei der
Hilfsorganisation MISEREOR, zu: "Es geht um good government auf der untersten Stufe.", sagte sie. In ihrer Arbeit vor Ort mache sie oft die Erfahrung, dass
kleine Dinge wie eine gepflasterte Straße oder eine Wasserleitung Großes bewirken. Vor allem will sie aber Missstände aufzeigen, damit die Menschen gehört werden.

"Some people are to poor to matter", manche Menschen sind zu arm, um eine Bedeutung zu haben, brachte es Booker auf den Punkt. Hier muss Entwicklungshilfe ansetzen; da waren sich die
Referenten einig: Sie muss den Menschen eine Stimme geben, die Regierungen zwingt, alle Teile der Bevölkerung zu beachten. Und sie muss Menschenrechtsverletzungen - wann immer sie auftreten -
publik machen.

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