Antisemitismus bekämpfen - aber wie?

Edda Neumann02. Februar 2009

Der Arbeitskreis
Jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und die Jüdische Gemeinde zu Berlin veranstalteten im Centrum Judaicum eine Podiumsdiskussion
"Antisemitismusbekämpfung in Berlin und Deutschland". An dieser Gesprächsrunde beteiligten sich Erhart Körting, Innensenator des Landes Berlin, Michael Wolffsohn, Bundeswehruniversität München
und Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München sowie Bilkay Öney, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, integrationspolitische Sprecherin der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen. Die Moderation übernahm Sergey Lagodinsky, Präsidiumsmitglied der
Repräsentanz der Jüdischen Gemeinde und Sprecher des Arbeitskreises Jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind, hielt zu
Beginn das Grußwort.

Islamistischer Antisemitismus

Die Zahl der Übergriffe auf Juden - verübt von muslimischen Jugendlichen - wächst in Deutschland. Das Weltbild der Täter ist meist durch arabische TV-Sender, die problemlos
über Satellit empfangen werden können, stark beeinflusst. Diese Aggressionen liegen zuallererst im Nahost-Konflikt begründet. Der Krieg im Gaza-Streifen heizt die Stimmung weiter an.
Antijüdisches Denken innerhalb der muslimischen Bevölkerung in Deutschland nimmt zu. Aber auch das Problem der Nicht-Integration spielt eine enorme Rolle. Viele der Migranten leben noch immer
in so genannten Parallelgesellschaften ohne direkte Teilnahme an der deutschen Gesellschaft.

Der Antisemitismus sei in Deutschland insgesamt leider nicht geringer geworden, stellte Körting fest. Besonders besorgniserregend nähmen die Straftaten von Muslimen zu.

Auch Öney warnte vor dem Antisemitismus von muslimischer Seite. Dieser habe in Deutschland ein neues Gesicht bekommen: Zu viele Muslime hätten mittlerweile eine antijüdische
Einstellung. Oftmals sei schlechte Bildung der Grund für Antisemitismus und Intoleranz. Es müsste mehr Begegnungen mit Andersgläubigen und ein Austausch untereinander geben,
forderte Öney deshalb.

Was getan werden kann

Nach Auffassung Wolffsohns sehen die neuen Herausforderungen nicht anders aus als die alten: nämlich die Schaffung staatlicher Rahmenbedingungen. Zudem müsse konsequenter gegen antisemitische
Tendenzen vorgegangen werden. Die Repräsentanten des Staates täten gut daran, rechtskräftige Normen und ethische Vorstellungen durchzusetzen. Gefordert sei eine Erziehung zur Toleranz und gegen
Antisemitismus. Dies werde aber nicht nur vom Staat allein zu leisten sein. Er könne jedoch mit gutem Beispiel voran gehen, gab Wolffsohn zu verstehen.

Körting unterstrich diese Verantwortung des Rechtsstaates. Dieser tue sich manchmal zu schwer und ginge zu behutsam mit diesem Problem um. Im Bildungsbereich sei die Einführung des
Werteunterrichts an Berliner Schulen ein vielversprechenden Ansatz, betonte er. Kindern und Jugendlichen in Klassen mit einem hohen Migrantenanteil würden so dieselben Werte und moralischen
Ansichten vermittelt werden.

In Zukunft, so Öney, müsse eine Lösung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gefunden werden. Schulen könnten die gesellschaftlichen Fehlentwicklungen lediglich ausgleichen helfen. Von der
jetzigen Regierung erwarte sie mehr Engagement in Sachen Antisemitismusbekämpfung, kritisierte Öney. Rot-Grün sei da besser aufgestellt gewesen.

Wenngleich in dieser Diskussionsrunde der Antisemitismus von rechtsextremer Seite nur am Rande zur Sprache kam, wurde am Ende dennoch ein deutliches Zeichen gesetzt. Im Anschluss an die
Veranstaltung fuhren Interessierte mit dem Bus zur Gegenkundgebung der NPD-"Mahnwache" unter den Linden. Die Neo-Nazis waren unter dem demagogischen Motto "Nein zum Holocaust in Gaza"
aufmarschiert. Dagegen protestierten Teilnehmer der Podiumsdiskussion.

Edda Neumann