Institut Solidarische Moderne

Ein andere Welt ist möglich!

Stefan Grönebaum06. Februar 2010

Seit Jahren werden wir alle mit TINA gequält - "There is no alternative" (Maggie Thatcher). Welche Partei auch regierte, immer hieß es, es müssen die Kosten gesenkt, die rechtlichen und
tariflichen Bindungen gelockert, die Bedingungen für Investoren - leider leider auf Kosten von Arbeitnehmern und Umwelt - gesenkt, der Wohlfahrtsstaat verschlankt werden usw.

Noch Schwarz-Gelb kam maßgeblich zustande, weil SPD, Linken und Grünen, die längst eine Mehrheit im Parlament stellten, die gemeinsamen Vorhaben und Projekte fehlten, die eine wählbare
Alternative hätten darstellen können.

Seit dem Debakel vom 27. September ist das anders: Nun beweisen die schwarz-gelben Systemveränderer täglich, dass sie eben nicht mit Geld umgehen können. Noch sagen viel zu viele Menschen:
"Die Linken können es doch auch nicht besser."

Doch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise (und vor der nächsten) ist allen klar, dass ein "Weiter so" nicht geht. Und nach dem Wahldebakel sind Rote, Grüne und alle irgendwie linken Gruppen,
denen es um mehr Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit UND Effizienz geht, gezwungen, gemeinsam(er) zu handeln.

Wir Linken müssen schon deshalb klüger, liebevoller und fleißiger sein als die Anderen, weil wir eine andere, bessere Welt wollen!


Dazu gehört, das sich jenseits des täglichen Parteienstreits Menschen aus unterschiedlichen Lagern und Strömungen, aus gesellschaftlichen Gruppen und Strömungen zusammentun und - ohne die
üblichen taktischen Scheren im Kopf - nachdenken, was geschehen muss, damit der ungeheure Reichtum, den dieser

finanzmarktgetriebene Kapitalismus auch produziert, humaner, d.h. gerechter und gleicher sowie ökonomisch sinnvoller erarbeitet und verteilt wird.

Dazu war unsere Gründung des Instituts für solidarische Moderne am Sonntag erst ein Anfang. Aber was für einer: Binnen weniger Tage zighunderte Mitglieder, 1 500 Netzfreunde und 3 000
Newsletterabonnenten - wie man sieht, ist die Zeit reif für gemeinsames Arbeiten an Konzepten für eine solidarische, nachhaltige und geschlechtergerechte Gesellschaft.

Dabei ist m.E. die Grundidee richtig, die klassische Kritik des Kapitalismus in der Tradition de Arbeiterbewegung mit neuen Kritiken aus dem Umfeld der neuen sozialen Bewegungen zu
kombinieren. Nur ein Konzept, das glaubwürdig und umfassend mehr Freiheit durch mehr Solidarität - auch als der alte Sozialstaat - verspricht, kann es mit den einseitigen, aber attraktiven
neoliberalen Freiheits- und Renditeversprechen der Ackermann, Westerwelle und Co aufnehmen.

Ob soziale Ökonomie, ökologische Gerechtigkeit, Bildung und Emanzipation, Geschlechtergerechtigkeit und Sozialstaat, europäische und soziale Regeln sowie demokratischer Aufbruch - auf all
diesen Arbeitsfeldern warten große Aufgaben und Möglichkeiten auf uns.


Viele Teilkonzepte sind da - von der Energiewende über Vorstellungen der ökologischen Modernisierung bis zur Wirtschaftsdemokratie und garantierten sozialen Rechten für die Schwachen. Wir
müssen jetzt die Einzelstücke verbinden zu einer praktikablen Vision einer Welt ohne Armut und Zwang. Im Gegensatz zu 1968 können und müssen wir diese Vision global angehen und zugleich vor Ort -
im reicheren Norden - damit beginnen.

Gut, dass ich bei dieser neuen Freiheitsbewegung von den vermeintlichen und wirklichen Sachzwängen des Marktes dabei sein kann. Ich werde meinen Beitrag leisten, damit dieser tolle Beginn
versandet. Ohne linke Alternative droht unserer Demokratie das Ende in der Postdemokratie (Colin Crouch).

Daher werde ich mich als linker Intellektueller und engagierter Bürger in Podien, Diskussionen und anderen Veranstaltungen einbringen und Wege miterarbeiten, die uns herausführen aus dem,
was Pierre Bourdieu "pensee unique" genannt hat. Also jenes interessengeleitete Einheitsdenken, das mit Marktfreiheit viel und individueller Freiheit wenig zu tun hat und mangels Alternative
bisher schrecklich erfolgreich, aber auch immer schrecklich ideenlos war.

Nun gibt es immerhin wieder die Chance auf eine gedankliche Alternative. Arbeiten wir daran, dass es auch eine praktische wird. Dann wird es sich in einem weiteren Schritt wieder lohnen,
sich zu engagieren, zu wählen, zu kämpfen. Eine andere Welt ist möglich!