Rechtspopulismus

Wer in der AfD wirklich das Sagen hat

Paul Starzmann02. März 2017
Rechtsextreme gegen Neoliberale, Ideologen gegen Karrieristen – in der AfD toben heftige Grabenkämpfe. In einem Punkt sind sich aber alle Funktionäre einig: Sie setzen auf ein und denselben Wahlkampfhelfer.

Es ist keine Übertreibung: Kaum eine Journalistin ist jemals der AfD so nahe gekommen wie die Spiegel-Redakteurin Melanie Amann. Seit Gründung der Partei im Feburar 2013 pflegt sie Kontakte zu AfD-Funktionären, war auf vielen Parteiveranstaltungen und hat tief hinter die Kulissen der AfD geblickt – sogar im Wohnzimmer des Ex-Manns von Frauke Petry, der Parteichefin, war sie schon. In ihrem Buch „Angst für Deutschland“ bietet sie nun ein umfassendes Bild der Partei.

AfD-Führungsebene: Kränkungen und Anfeindungen

Allen wichtigen Köpfen in der AfD widmet Amann ein eigenes Kapitel: Da gibt es Alexander Gauland, der die „Union aus einer gewissen Kränkung heraus verlassen“ hat – und jetzt im AfD-Bundesvorstand sitzt. Weil er E-Mails nur in ausgedruckter Form lese, kriege er von den ewigen Streitereien seiner Parteikollegen wenig mit, schreibt Amann. So könne er sich als unangefochtener „Grandseigneur“ der AfD aus Schlammschlachten heraushalten. Wie lang der 76-Jährige das noch durchhält, ist offen: „Sein Gesundheitszustand ist auch für enge Parteifreunde ein Geheimnis. Gaulands Aktenkoffer sei eine Art tragbarer Apothekenschrank, berichten sie.“

Im Bundesvorstand sitzt auch Jörg Meuthen, ein Fachochschulprofessor aus Karlsruhe, der mit allen auskommen wolle: Er habe aber die Anfeindungen im Bundesvorstand nicht lang ausgehalten, seine Gesundheit habe darunter gelitten, er habe stark abgenommen, schreibt Amann. Schließlich gibt Meuthen den Landesvorsitz der Baden-Württemberger AfD ab. Damit habe er seine Machtbasis im Bundesvorstand verloren. „Dafür hat er jetzt seine Ruhe“ vom ständigen Hauen und Stechen in der Parteispitze, bilanziert Amann.

Politisches „Power-Paar“: Petry und Pretzell

Die Macht in der Partei konzentriert sich laut Amann um die Bundesvorsitzende Frauke Petry und ihren Ehemann Marcus Pretzell, AfD-Chef in NRW. Das „Power-Paar“ – in der Partei nur „Doppel P“ genannt – hat vor allem eine Gemeinsamkeit: Hätten die beiden keine Landtagsmandate, sowohl Petry als auch Pretzell steckten wahrscheinlich in finanziellen Schwierigkeiten. Amann berichtet über Pretzells „Wurschtigkeit“ und seine „Schlampereien“ in finanziellen Fragen. Die Folge: Pfändung eines AfD-Kontos durch das Finanzamt Bielefeld, drei „Offenbarungseide“ zwischen November 2014 und Juli 2015. Zugleich fordert er von der nordrhein-westfälischen Landesregierung Haushaltsdisziplin. „In seinem Glashaus wirft Pretzell keine Steine, sondern Felsbrocken“, schreibt Amann.

Ähnlich sieht es bei Frauke Petry aus, die 2013 Privatinsolvenz anmelden musste. Zu ihrem Glück gelte in der AfD „die Regel, dass die Kreisverbände Auftritte der Bundesvorstände finanzieren“, erklärt Amann. So habe sich Petry vor ihrer Wahl in den sächsischen Landtag finanziell über Wasser gehalten. Die AfD-Chefin interessiere sich nur wenig für Inhalte, stellt Amann heraus. Sie verfolge eher persönliche Interessen. Dadurch gebe es in der AfD ein „programmatisches Vakuum, das Ideologen nach Lust und Laune füllen können“.

Angst als Wahlkampfhelfer

Die Ideologen in der AfD – zum Beispiel der Rechtsaußen Björn Höcke – befänden sich in einem ständigen Kampf mit den Karrieristen in der Partei, analysiert Amann. Die einen verstünden die AfD als eine Art gesellschaftliche Bewegung, den anderen – zum Beispiel Parteichefin Petry – diene die Politik nur dem eigenen Fortkommen. Dem Buch nach zu urteilen scheinen allerdings beide Gruppen von ein und derselben Sache getrieben zu sein: der Angst. Die Karrieristen haben Angst um ihre Posten, die Ideologen fürchten den Untergang des Abendlandes. Passend dazu setzt die AfD auf die Angst in der Bevölkerung, um Wähler zu mobilisieren. Dies sei für „die Partei ein leichtes Unterfangen, da die Deutschen schon immer Angsthasen waren“, wie Amann betont. Angst als Wahlkampfhelfer für die Rechtspopulisten.

Melanie Amanns Buch ist spannend geschrieben und hervorragend recherchiert. Ihr gelingt eine scharfe Nahaufnahme der AfD. Vor allem die Akteure in der Partei beschreibt sie so gut, dass der Leser sich für Leute wie Petry oder Pretzell beinah fremdschämt. Das Buch behandelt aber nicht nur die Personen in der AfD, sondern spricht auch das gesellschaftliche Klima an, in dem die Partei heranwachsen konnte. Die Autorin blickt außerdem in die Zukunft und bietet Strategien gegen die AfD an. Diese könnten helfen, die Rechtspopulisten dahin zurückzuschicken, wo sie hingehören – ins politische Abseits.

Melanie Amann: Angst für Deutschland. Die Wahrheit über die AfD: wo sie herkommt, wer sie führt, wohin sie steuert, 319 Seiten, Droemer Knaur, ISBN 978-3-426-27723-2, 16,99 Euro.

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Kommentare

Die Personen sind egal. Nur die AfD ist wichtig.

Die AfD hat ALLE gegen sich. Die AfD kann sich so ein wählerverachtendes Verhalten wie die Altparteien gar nicht leisten. D.h. ganz egal wer an de Spitze ist, er muss auf die Wähler der AfD eingehen.

Lügenpresse

Bevor ich mir dieses buch von Melanie Amann erwerbe hacke ich mir meine Hände ab.
Ihr könnt hetzen wie ihr wollt ,die AfD wird in allen Landestagen erobern .
Auch hoffe ich das die Bundeswahlen durch die AfD die Verbrecherin Gesetzesbrecherin mit ihrem Anhang angeklagt werden.

Lügenpresse

Ja Max, was nun? Ohne Hände wird es schwer, von der Hände Arbeit zu leben. Aber ohne Hirn? Sieh ein, dass die AfD-Führung nur aus zwei Gründen zur Sonne strebt: Kohle oder Macht, oder beides? Schade, wollten sie doch alles besser machen als die Etablierten und nun haben wir diese Dilletanten auch noch am deutschen Volkskörper. Ups, das hat doch der Poggenburg aus Sachsen-Anhalt gesagt oder wars der Höcke? Die bringen mich noch ganz durcheinander. Wie gefährlich geistige Leichtgewichte sind, sehen wir ja in USA. Ich hoffe, in Europa werden die Wähler noch rechtzeitig wach und wählen: Make Europe make again! Naja, vielleicht lernen jetzt einige, dass Politik doch nicht so einfach geht. Und Max, du kannst es ja auch mal versuchen: Gründe eine Zeitung ( und immer bei der Wahrheit bleiben) oder wir sehen dich im September im Bundestag. Viel Glück

Es ist nicht alles Gold was glänzt

Hallo liebe Eva,
wir ( Sozialdemokraten ) sollten es uns nicht zu einfach machen. Unsere opportunistische, in weiten Teilen lobbyistische ( VW, bzw. Autos,Kohle, RWE, Landesbanken, Lotto etc.) Politik, die nach Wählerurteil nur noch zu ca 25% sozialdemokratisch und ansonsten konzern-plutokratisch ist, ist ja wesentliche Ursache für den Aufstieg der Protestparteien" ( Grüne, Reps, WASG,PdL, Piraten, AfD ).
Auch bei uns gibt es viele, denen es vor allem um Kohle und dann auch um Macht geht. Dies ist bei Bundestagsdiäten von 9327 Euro brutto plus 4305 steuerfreie Pauschale plus 2,5% jahrlicher Pensionszuwachs plus ca 20.000 Euro für "Mitarbeiter" etc) ja auch gar nicht verwunderlich.
Was hältst Du denn von unserer online-Petition zur Reduzierung dieser maßlosen Selbstbedienung, die dazu geführt hat, dass "Normalverdiener" prinzipiell überhaupt nicht mehr im Bundestag vertreten sind :

https://www.change.org/p/an-den-petitionsausschuss-des-dt-bundestags-red...
Die SPD ist entstanden, damit auch Arbeiter ins Parlament kommen und dort angemessen alimentiert werden, aber doch nicht derart üppig ! Bebel würde sich im Grab ...

Verbot der AfD

Diese Hetz-Partei gehört nach meiner Meinung verboten, was allerdings nicht so einfach ist. Deshalb muss man ihr wie der NPD keine Gelder mehr zur Verfügung stellen. Ich hoffe, dass diese Partei vom Verfassungsschutz überwacht wird.