SPD-Bundesparteitag

Abschied von Sigmar Gabriel: „Damit diene ich der SPD am meisten“

Kai Doering19. März 2017
Martin Schulz und Sigmar Gabriel auf dem SPD-Bundesparteitag: „Dich an meiner Seite zu wissen, macht mich stark – und es macht die SPD stark.“
Mit einer engagierten Rede hat sich Sigmar Gabriel als SPD-Chef verabschiedet. Der Rücktritt vom Parteivorsitz nach mehr als sieben Jahren sei „eine der schwersten Entscheidungen, aber auch eine der richtigsten“ seines Lebens gewesen. Seiner Partei gab Gabriel drei Bitten mit auf den Weg.

Alle, die eine melancholische Abschiedsrede von Sigmar Gabriel erwartet hatten, wurden enttäuscht. Dafür, das stellte der Noch-Vorsitzende gleich zu Beginn vor den 600 Delegierten des SPD-Sonderparteitages klar, sehe er gar keinen Grund. „Das heute ist der fröhlichste und optimistischste Übergang im Parteivorsitz, den unsere Partei in den letzten Jahrzehnten erlebt hat.“

„Der Trend ist wieder ein Genosse“

Dieser Optimismus speist sich vor allem aus zwei Quellen: aus einem ungeheuren Mitgliederzuwachs (auf dem Parteitag wurde als aktuelle Zahl von Neueintritten seit der Nominierung von Martin Schulz 13.000 genannt) und aus Umfragewerten, wie sie die SPD lange nicht erlebt hat. „Der Trend ist wieder ein Genosse“, brachte es Gabriel auf eine griffige Formel.

Diese Entwicklung bestärke ihn darin, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, als er Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidaten und als Parteivorsitzenden vorschlug. „Du bringst nicht nur Kopf, sondern auch viel Herz mit in die Politik“, lobte Gabriel seinen Nachfolger.

Worauf Sigmar Gabriel besonders stolz ist

„Politik darf nicht aseptisch sein“, sagte Sigmar Gabriel und zitierte damit seine eigene Rede vom Bundesparteitag 2009 in Dresden. Damals hatte sich Gabriel erstmals als Parteivorsitzender beworben und u.a. gefordert, die SPD müsse „wieder dahin gehen, wo es stinkt“.

In den fast siebeneinhalb Jahren, die Gabriel das „tollste Amt, das man in der Politik einnehmen kann“, ausgeübt hat, habe die SPD viel erreicht. Auf drei Dinge sei er besonders stolz: das Verhältnis zwischen SPD und Gewerkschaften sei so gut wie lange nicht (sieben der neun Vorsitzenden der DGB-Gewerkschaften haben ein SPD-Parteibuch), die Kommunalpolitik stehe wieder im Mittelpunkt der SPD-Politik und der Partei sei es gelungen „unseren größten Schatz zu heben, unsere Mitglieder“.

„Eine Sternstunde der Sozialdemokratie“

Dabei verwies Gabriel auf das Mitgliedervotum zum Eintritt in die große Koalition 2013. Dieses sei „eine Sternstunde der Sozialdemokratie“ gewesen. „Allein der Diskussionprozess war beispielgebend für unsere Partei“, so Gabriel. „Wir haben debattiert, zum Teil auch gestritten, aber dann auch entschieden. Das sollen uns die anderen erstmal nachmachen.“

Der Schritt in die Regierung mit CDU und CSU sei vollkommen richtig gewesen. Ob Mindestlohn, Mietpreisbremse oder mehr Stellen bei der Bundespolizei: „Wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren Schritt für Schritt umgesetzt, was wir im Wahlkampf versprochen haben“, so Gabriel.

Keine zweite große Koalition

Klar sei aber auch, dass im September mit dem Bündnis Schluss sein müsse. „Die Menschen wollen einen neuen Aufbruch und keine Fortsetzung der großen Koalition“, zeigte sich Gabriel überzeugt. Auch deshalb trete er vom Parteivorsitz zurück, „denn damit diene ich der SPD am meisten“.

Zum Abschied formulierte Gabriel dann noch drei Bitten an seine Partei: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wirtschaftlicher Erfolg und soziale Gerechtigkeit zwei Seiten derselben Medaille sind.“ Die SPD sei keine „Verteilungspartei“, Unternehmen seien in der sozialen Marktwirtschaft Partner „und nicht der Klassenfeind“.

Sigmar Gabriel und der „Arbeiterkaiser“

Zweitens müsse die SPD weiter für den Zusammenhalt und die Zukunft Europas kämpfen. „Nur wenn es den anderen gut geht, geht es uns auch gut“, gelte als Grundsatz. Und drittens müsse sich die SPD weiter für den Frieden stark machen. „Wir befinden uns mitten in einer Aufrüstungsspirale“, mahnte Gabriel und plädierte für „eine Abrüstungsinitiative in Europa“.

Zum Abschied erhielt Sigmar Gabriel von seiner Partei einen Stich von August Bebel, dem „Arbeiterkaiser“. „Dass du deinen eigenen Ehrgeiz zurückgestellt hast, ist eine große politische, vor allem aber menschliche Leistung, die zeigt, was für ein besonderer Charakter du bist“, lobte Martin Schulz bei der Übergabe des Kunstwerkes. „Dich an meiner Seite zu wissen, macht mich stark – und es macht die SPD stark.“

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