
„Wenn die Parlamentarische Linke (PL) in der SPD-Bundestagsfraktion feiert, scheint in Berlin in der Regel die Sonne.“ Verschmitzt haben das am Dienstagabend so einige der Gäste festgestellt, die schon länger der Fraktionsgruppe angehören oder angehörten, weil sie längst nicht mehr im Bundestag sitzen. Doch auch wenn sie nicht mehr im Parlament sind, waren sie für diesen Abend in Berlin. Denn es gab etwas zu feiern. Gleich zwei Jubiläen stimmten neben dem Wetter am Dienstagabend in der Kalkscheune wohlgemut: das 50. Jubiläum der PL und der 60. Geburtstag des Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich.
Start mit Sit-Ins und einer WG
PL-Vorsitzender Matthias Miersch erinnerte daran, wie nach dem SPD-Wahlsieg 1969 rund 20 junge Abgeordnete aus den Reihen linker Jusos und des Frankfurter Kreises in die 16. Etage des „Langen Eugen“, das damalige Bonner Parlamentsgebäude, einzogen und sich vorgenommen hatten, die aus ihrer Sicht autoritär geführte SPD-Fraktion zu demokratisieren, die – wie der ehemalige SPD-Vorsitzende Björn Engolm in einer kleinen Festschrift schreibt – „fest in der Hand der (konservativen d.Red.) Kanalarbeiter war“.
Ganz dem damaligen linken Zeitgeist folgend gab es Sit-Ins im Flur und eine „Abgeordentenkommune“, eine Wohngemeinschaft der Fraktionslinken. Die Gruppe brauchte gerade mal drei Jahre, um sich zu als „Leverkusener Kreis“ zu professionalisieren. Anstelle der WG und der Sit-ins traten klassische Arbeitsgruppen und Ausschüsse.
Miersch betont Zusammenhalt
Miersch betonte, dass Zusammenhalt in der Gesellschaft für die SPD ein ganz wichtiger Aspekt sei. Dieser gehöre „zu den Genen der Sozialdemokratie“ und er hoffe, dass diese Frage auch bei der anstehenden Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz intensiv diskutiert werde. Keine andere politische Kraft könne – auch unter ökologischen Aspekten – die Zukunft des Landes so gut gestalten wie die SPD, gab Miersch den Genossinnen und Genossen mit auf den Weg, bevor er Interims-Fraktionschef Rolf Mützenich zum runden Geburtstag gratulierte. Das Präsent war eine Tasse mit dem Konterfei von Mützenich und dem Satz „Mütze machts“.
Mützenich, der selbst der PL angehört und einst im Leverkusener Kreis in der AG Frieden mitarbeitete, verwies in seiner kurzen Begrüßung auf die Verdienste der „Parlamentarischen Linke“. Diese habe mit und für die SPD immer an Themen gearbeitet, bei denen es um die Gestaltung der Zukunft gegangen sei.
„Mütze“ erinnert an Begeisterung
„Mütze“ wie er liebevoll in der Partei genannt wird, betonte aber auch das Selbstverständnis der SPD als Volkspartei, das es auch in schwierigen Zeiten hochzuhalten gelte.
Nachdenklich und voller Sorge sprach er die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke an, der von einem rechtsradikalen Täter erschossen worden ist und erinnerte an die Zeiten der Weimarer Republik. Auch damals versuchten Rechtsradikale und Rechtsextreme mit allen Mitteln, den politischen Gegner zum Schweigen zu bringen. Die SPD habe damals Widerstand geleistet. Zum Schluss erinnerte er mit einem Zitat an den von den Nazis verfolgten SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzenden Kurt Schumacher: „Man muss begeistert sein, um große Taten zu vollbringen.“