Die Verschleppung von Kindern durch die Terrororganisation Boko Haram in Nigeria, die Verbrechen des ‚Islamischen Staates’ in Syrien und im Irak, die bewaffneten Kämpfe vor denen die Bevölkerung der Ukraine flieht, sind nur drei von vielen aktuellen Krisenherden und sie machen deutlich: Im Jahr 2014 ist die Welt für viele Menschen keine friedlichere geworden. Im Gegenteil: Die Gewalt nimmt zu und die Weltgemeinschaft zeigt sich unfähig sie einzudämmen, so die Bilanz, die die Nichtregierungsorganisation Amnesty International in ihrem jährlichen Report zur Menschenrechtssituation in 160 Ländern zieht.
„Wir beobachten einen erschreckenden Trend: Bewaffnete Gruppen, Milizen und Terrorgruppen gehen zunehmend brutal gegen die Zivilbevölkerung vor“, sagte die Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland Selmin Çalışkan bei der Vorstellung des Reports in Berlin. Auch in anderen Konflikten, jenseits der medial präsenten, ist es die Zivilbevölkerung die am stärksten unter der eskalierenden Gewalt leide, heißt es in dem Report. Etwa im Bürgerkrieg im Südsudan, bei dem zehntausende Zivilisten getötet wurde, oder in der Zentralafrikanischen Republik, wo bei Kämpfen im vergangenen Jahr mehr als 5000 Menschen starben.
Versagen der Weltgemeinschaft
Angesichts dieses Leids sei „die Reaktion der Weltgemeinschaft auf die zunehmende Gewalt und das Flüchtlingselend beschämend“, so Çalışkan. Sie erinnerte daran, dass die größte Flüchtlingskatastrophe des zweiten Weltkriegs mit 57 Millionen Flüchtlingen weltweit derzeit hauptsächlich von den wirtschaftlich schwachen Staaten versucht werde zu lindern, während die Europäische Union nur einem Bruchteil der Flüchtlinge Schutz gewähre. „So hat der Libanon über 715 Mal mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen als die gesamte EU in den vergangenen drei Jahren.“
Nicht nur humanitär und wirtschaftlich, sondern auch politisch hätte die Weltgemeinschaft versagt, so Amnesty. „Beim Versuch die Menschen in ihrer größten Not zu schützen, sind die Politiker kläglich gescheitert“, schreibt der internationale Generalsekretär Salil Shetty im Vorwort des Berichts. Er prangert das Versagen des Weltsicherheitsrates im syrischen Bürgerkrieg ebenso wie im Gazakonflikt und in der Ukraine an. Er fordert deshalb die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, auf im Falle von Genoziden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf ihr Vetorecht zu verzichten. „Das wäre ein wichtiger erster Schritt und könnte viele Leben retten“, schreibt Shetty.